Die Nacht verlief heute für uns völlig verschieden. Während ich im Doppelstockbett oben die ganze Nacht dachte, ich bekomme wegen der Hitze einen Kreislaufkollaps, schlief Christian unten am Fenster super und Thommy, der dezent alkoholisiert war, schlief sowieso super. Dementsprechend wachten wir auch heute entsprechend verschieden auf – Christian und Christian mit bester Laune und ich fühlte mich wie durch den Wolf gedreht. Um 12 Uhr ging es dann in die Stadt, weil wir heute versuchen wollten, einen Trip nach Tschernobyl klar zu machen. Auf der Suche nach dem ersten Büro zur Vermittlung kamen wir am Tschernobyl-Museum vorbei, dass wir eh noch besuchen wollten und so taten wir das gleich auch. In drei großen Räumen wird eindrucksvoll in Bildern, Briefen, Dokumenten und Erinnerungsstücken die Katastrophe vom 26. April 1986 und ihre Folgen nachvollzogen. Ein besonderes Augenmerk des Museum liegt in der Arbeit der so genannten Liquidatoren, die schon kurz nach dem Reaktorunfall mit unzureichender Schutzkleidung Schutt vom Reaktor räumten, als Feuerwehrmänner oder Krankenschwester für Hilfe sorgten, Verkehr und Versorgung regelten oder andere wichtige Aufgaben in der späteren Sperrzone erfüllten. Diese Menschen, die teils freiwillig, zum größten Teil abgeordnet in die verstrahlte Gegend kamen, erhielten Orden, damit sie den Mund halten, aber keinerlei Entschädigung. Die Internationale Atombehörde erkennt bis heute nur 31 Opfer der Atomkatastrophe an. Zu lang wurde von den Sowjets das vertuscht, was man an den entstehenden Krankheiten der Liquidatoren eindeutig erkennen musste. Die Helden der Katastrophe wurden zu ungeliebten Beweisen.
Anschließend fanden wir auch das erste Büro, wo man uns eine Tour Samstag für 170 € anbot. Das war uns erstens zu viel Geld und zweitens konnte die Tour auch nicht zu hundert Prozent garantiert werden. Also ging es zum zweiten Touranbieter in unserem Reiseführer. In einem ziemlich zerfallenen Hauseingang wurden wir vom Portier in den zweiten Stock geschickt, wo wir den Anbieter in einem herunter gekommenen Büro fanden. Das Büro hieß auch anders als im Reiseführer und der Mitarbeiter musste seinem Chef erst einmal deutlich machen, dass sie natürlich Ausflüge nach Tschernobyl organisieren können. Nach einem kurzen Anruf stand der Preis und der Tag fest und der Chef forderte uns auf, mitzukommen. Nach 10 Minuten Fußweg standen wir im Büro der „Tschernobyl Tour“, gaben unsere Namen, Ausweisnummer, Geburtstag und Wohnort ein und damit war die Tour für Freitag gesichert. Also werden wir noch etwas länger hier in Kiew bleiben, was bei unserem wahnsinnig teuren Hostelzimmer (14 Euro für alle) auch nicht sonderlich schlimm ist.
Anschließend fuhren wir mit der Metro noch zum Majdan, zum Platz der Unabhängigkeit, wo 2004 die Orange Revolution gegen den Wahlbetrug und die Proteste des Euromaidan 2013/2014 stattfanden, bei denen über 100 Menschen starben und der Platz völlig verwüstet wurde. Heute sieht man selbstverständlich nichts mehr davon, das Thema wurde noch immer nicht aufgearbeitet.
Schließlich kauften wir noch in Supermarkt Zutaten für Chili, was wir dann im Hostel zubereiteten.
Am Abend saßen wir erneut auf der Terasse, wo uns einige Wodka förmlich aufgezwungen wurden (wir hatten keine Wahl 😉 ) und ließen den Tag ausklingen.








