04.08.2016 – Kiew Tag 3

Heute brach der letzte richtige Tag in Kiew an. Nach einem ausgiebigen Frühstück fuhren wir mit der Metro in Richtung des Flusses Dnepr, der übrigens der drittlängste Fluss in Europa ist. Auch hier in Kiew sind einige Metrostationen so tief, dass man eine halbe Ewigkeit auf der Rolltreppe steht. Die Metrostation „Arsenalja“, an der wir dann ausstiegen, gehört mit 105 m zu einer der tiefsten der Welt.

Von da aus fuhren wir mit dem extrem günstigen Bus (eine Fahrt für alle kostet 40 Cent) zur Lavra. Dies ist ein großer Komplex an Klöstern, Kirchen und sonstigen heiligen Bimbam, der seit 1990 zum Weltkulturerbe gehört. Er entstand, als ein Mönch vom heiligen Berg Athos sich in Kiew niederließ und die Tradition mitbrachte, als Zeichen absoluten Erimitentums und Askese sich selbst eine Höhle zu graben und auch darin zu leben. Weil das ja auch echt eine super Idee ist, schlossen sich bald andere Mönchen an, welche die Tunnel bald zu einem verzweigten System erweiterten. Die Höhlenmönche wurden nur durch ein kleines Fenster in ihrer Höhle versorgt. Wenn andere Mönche merkten, dass nach einigen Tagen die Hostie immer noch nicht aufgefuttert war, wurde das Fenster ganz einfach zugemauert. Wahrscheinlich durch besondere klimatische Bedingungen in den Höhlen, verwesten viele der Mönche nicht. Das war für die Gläubigen derart besonders, dass die Mumien direkt heilig gesprochen wurden. Heute geht man mit einer Kerze bewaffnet durch die engen Gänge etwa 3 Meter unter der Erde, in der immer wieder Ikonen an der Wand hängen und Särge mit den abgedeckten Mumien stehen. Für uns war das ein durchaus befremdliches Erlebnis, da kaum nicht gläubige Menschen mit uns da unten waren. Zu beobachten, wie selbst junge Leute, ihre Stirn und ihren Mund gegen die Ikonen und die Särge drücken und sogar ihre Kinder, die gar nicht wissen, warum oder wieso sie das machen sollen, dazu nötigen, ist für uns einfach nur absurd und wahrscheinlich auch ziemlich unhygienisch. Aber gut, jeder wie er will.

Den oberen Teil der Lavra, der aus zahlreichen Kirchen besteht, ersparten wir uns lieber. Soll uns doch der Teufel holen. 😉

Anschließend liefen wir viele Treppen hinab zum Dnebr, nur um dann 500 m später andere 10000 Treppen bei 30 Grad zur Mutter-Heimat-Statue wieder hoch zu kriechen. Die riesenhafte Statue wurde auf Verlangen Leonid Breschnews gebaut, der dazu den Architekten der Mutter-Heimat-Statue in Wolgograd gewinnen konnte. Natürlich musste die Kiewer Statue noch etwas höher werden und so überragt sie heute mit 102 m selbst die Freiheitsstatue. Die zarte Dame hat ein Gewicht von 50 Tonnen und hält in der einen Hand ein Schwert, in der anderen ein Schild, auf dem Hammer und Sichel abgebildet sind. Man teilte uns gleich am Eingang mit, das die oberste Station unter der Achselhöhle, von der aus man noch in das Schild weiterkriechen kann, derzeit wegen technischer Probleme gesperrt ist. Also bekamen wir eine nette Lady zur Seite gestellt, die mit uns mit dem ziemlich klapprigen Lift auf 36 m hochfuhr. Von da aus hatte man aber auch schon einen guten Blick auf die Stadt. Wir erfuhren auch den Grund, warum wir nicht auf die zweite Station durften. Seit den Kriegshandlungen mit Russland hat die ukrainische Regierung angeordnet, alle sowjetischen Symbole schnellstmöglich zu entfernen. Darum muss natürlich auch Hammer und Sichel auf dem Schild weg. Vielleicht mag es daran liegen, dass kein Mensch Bock hat, in 102 m Höhe sowjetische Symbole abzukratzen und durch den ukrainischen Dreizack zu ersetzen, aber die Bauarbeiten verzögern sich. Wieder unten gingen wir noch durch das ukrainische Museum zum zweiten Weltkrieg. Wieder mal ein gut gestaltetes Museum, dem aber englische Erklärungen fehlen. Aber das wird schon noch.

Anschließend fuhren wir zum Bessabarienplatz, wo sich die Markthalle in Kiew befindet. Zielsicher steuerten wir gleich den Stand mit sauer eingelegten Gemüse und Antipasti an und kauften den ganzen Stand auf. Nein Scherz, wir gönnten uns erst einmal Auberginenröllchen gefüllt mit Ajvar und mit Walnusspaste und saure Kohlröllchen mit Möhre. Nachdem wir das in Windeseile aufgefuttert hatten, suchten wir gleich nochmal den Stand auf und nahmen noch sauer eingelegtes Knoblauchgrün, noch einmal die Auberginenröllchen und einen Aufstrich mit. Thommy erwähnte jetzt schon mehrere Male, dass er in Kiew bleiben möchte, weil die Preise günstig sind und es sauer eingelegtes Gemüse gibt. Mal gucken, ob wir ihn Samstag ins Auto bekommen. Am Abend aßen wir noch einmal in dem geilen georgischen Restaurant. Wirklich lecker. Beim Nachhausekommen fühlten wir uns alle wie gerädert. Das lange Laufen bei der Hitze und das reichliche Essen hat uns geschafft. Das ist aber auch gar nicht schlimm, da wir morgen allerspätens um 8 Uhr am Bahnhof sein müssen, da von dort unser Bus nach Tschernobyl fährt. Wir hoffen alle, dass es nicht allzu warm wird, denn wir müssen lange Kleidung und geschlossene Schuhe tragen. Wir sind schon gespannt und werden berichten.

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Eingang zur Lavra
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Auf dem Weg zum Höhlenkloster
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Mutter-Heimat-Statue

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Blick auf den/die Dnepr

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Halle der gefallenen ukrainischen Soldaten

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