Wir standen heute etwas früher auf, um mal endlich ein bisschen einen Plan zu machen, was wir überhaupt in Sri Lanka sehen wollen. Beim Frühstück auf der Terrasse mit einem guten Blick über Kandy hörten wir auf der anderen Straßenseite plötzlich ein Kreischen. Ein freilebender Affe lief auf der Stromleitung entlang. Doch ein Affe kommt wohl selten allein und so folgte noch die gesamte Affenbande von circa 30 Affen, teilweise mit Babies im Arm, die sich über die Dächer trollten und dann im Baum noch ein bisschen herumkrakeelten. Der Pensionsbesitzer fing unseren Blick auf und meinte, dass wir keine Türen offen stehen lassen sollten, da wir sonst bald die gesamte Unterkunft voller Affen auf der Suche nach Nahrung haben würden.
Nach dem Essen mit frischer Mango, Papaya und süßen Bananen wurde also der besagte Plan aufgestellt, um nicht am Ende noch zu spät in Colombo anzukommen. Besonders kreativ waren wir nicht, denn wir nutzten die Vorlage von anderen Backpackern, um einen groben Plan zu schmieden. Aber warum das Rad in der Kürze der Zeit neu erfinden, wenn man schon auf Erfahrungswerte zurückgreifen kann.
Komplett durchgeplant machten wir uns dann auf den Weg zur „Bahirovakanda Vihara“ Buddha Statue, die auf einem Berg liegt und mit 28 m von fast überall gut zu sehen ist. Da unsere Unterkunft schon weit oben liegt, liefen wir todesmutig noch weiter den Berg hinauf, zogen die Schuhe aus, drückten beim Mönch, der vielleicht gerade mal 14 war, 2,50 € für beide ab und gingen über eine Treppe hinauf bis unter die Achsel des Buddhas. Hier genossen wir kurz den Ausblick, bevor wir von einer Gruppe von Mädchen in Beschlag genommen wurden. Wir sollten nicht von ihnen Bilder machen, wie wir es erst verstanden hatten, nein, wir sollten mit auf ihr Bild. Den Grund für so etwas geht wahrscheinlich einem ohne Erklärung nicht von alleine auf, aber wir taten den Mädels den Gefallen. Wieder unten wollten wir auch jetzt weiter auf den Komfort eines TukTuks verzichten, um zum Bahnhof Kandy zu laufen und da ein Ticket für die Weiterfahrt zu holen. Obwohl ich noch anmerkte, dass ich mir ziemlich sicher sei, dass es vom Berg runter nach rechts ginge, ließ sich Christian durch sein Handy-GPS nicht beirren und wir gingen nach links. Dumm nur, dass er uns zwar zu einer Zughaltestelle, aber nicht zum Hauptbahnhof (Kandy Station) navigierte. Also mussten wir nun doch das TukTuk nehmen, denn wir waren ja über einen Kilometer in die falsche Richtung gelaufen. Unser Fahrer war sehr nett und hatte nicht so einen starken Akzent wie andere Fahrer, also fragten wir ihn, ob er kurz am Bahnhof warten würde, um uns gleich zum Felsentempel „Degaldoruwa“ zu bringen. Dies tat er auch netterweise und wir erfuhren, dass er Tamile ist. Die meisten Menschen (69 %) in Sri Lanka sind Singhalesen und damit buddhistisch. Tamilen sind hinduistisch und stellen mit 15 % die größte Minderheit vor Muslimen und Christen. Ein relativ friedliches Miteinander von Singhalesen und Tamilen war noch vor zehn Jahren völlig undenkbar. Bis 2009 herrschte ein Bürgerkrieg im Land, der hauptsächlich durch die radikale Gruppierung „Liberation Tigers of Tamil Eelam“ (LTTE) ausgelöst und vorangetrieben wurde. Die blutigen Unabhängigkeitsbewegungen dieser Separatisten führte dazu, dass die singhalesische Mehrheit immer mehr die tamilischen Zivilisten ausgrenzte. In den über 25 Jahre andauernden Gefechten zwischen dem singhalesischen Militär und der LTTE kamen nach Schätzungen annähernd 100.000 Soldaten und Zivilisten um.
Angekommen am kleinen Tempel, zu dem sich nur sehr wenige Touris verirren, stand ein über das ganze Gesicht strahlender Mönch am Tor, um uns aufzuschließen. Er wollte eigentlich gerade zum Mittag gehen, aber nahm sich noch ein bisschen Zeit für uns. Unser TukTuk-Fahrer Deva machte für uns den Übersetzer und so erfuhren wir, dass der Tempel direkt in den Stein gehauen wurde und schon ab dem 9. Jahrhundert bestand. Im ganz innersten der drei Räume liegt eine etwa 12 m lange Statue von Buddha beim Nachmittagsschlaf. Nachdem wir uns beim Mönch bedankt hatten, gingen wir noch auf den Felsen hinauf, wo hunderte von bunten Gebetsfahnen aufgespannt waren. Ein schöner Ausflug, zumal es nicht so touristenüberlaufen war.
Wir verabredeten mit Deva, uns morgen um 11 Uhr zu treffen und er ließ uns beim Zentralmarkt heraus. Hier wird auf einer Fläche von circa 1 Quadratkilometer Obst, Gemüse, Fleisch. Fisch, Tee und Gewürze verkauft. Gleich kauften wir ein paar leckere exotische Früchte ein: rote Bananen, Mango, Guaven, Cherimoya, Mangostane und Wassermelone. Auf dem Markt herrscht ein wahnsinniges Gewusel und besonders die Region, in der Fleisch verkauft wird, ist für europäische Vorstellungen wirklich sehr abgefahren. Eine Kühlung existiert nicht, Därme und andere Innereien hängen von der Decke, dazwischen Hunde und Krähen, die auf ihren Teil warten. Nicht so verwunderlich, dass wir anscheinend die einzigen Europäer auf dem ganzen Markt waren, aber dafür wahrscheinlich auch europäische Preise bezahlten. Nach dem Einkauf gingen wir zum Bahnhof, um eine Simkarte zu erwerben, mit der man in Sri Lanka telefonieren und ins Internet gehen kann. Diese kostete inklusive 100 Minuten Inlandsgespräche und 750 MB Internetvolumen – Achtung, Anschnallen – 3 €. Nach dieser „teuren“ Anschaffung nahmen wir das TukTuk wieder hoch auf den Berg, um bis zum Besuch des Zahntempels noch etwas zu chillen.
Gegen 17.30 Uhr liefen wir dann den Berg wieder herunter, bedeckten Knie und Schultern, gaben die Schuhe ab, bezahlten einen stolzen Eintritt von umgerechnet 18,50 € für beide und gingen in den Tempel hinein. Im „Sri Dalada Maligawa“, im Tempel des heiligen Zahns, soll ein Zahn von Buddha liegen. Die Geschichte dahinter in Kurzform: Buddha wurde verbrannt und übrig blieben vier Zähne. Einer davon gelang durch viele Hände irgendwann nach Sri Lanka, wo man diesem Zahn schließlich einen Tempel baute. Die Reliquie ist in einem Schrein, der dreimal am Tag zum sogenannten „Puja“ geöffnet wird. Nur einmal im Jahr wird der Zahn inklusive seiner goldenen Verpackung auf Elefanten durch die Stadt getragen. Man kann sich vorstellen, dass dann die Hölle los ist. Eine viertel Stunde vor Öffnung des Schreins fangen Trommler an, rhythmisch die Spannung zu erhöhen. Vor dem Schrein legen die Gläubigen Blumen ab. Dann stellen sich alle in einer langen Schlange an und der Schrein wird geöffnet. Im Vorbeigehen erhascht man dann einen Blick auf so eine Art goldene Riesenvase, wo der Zahn darin liegen soll. Alles insgesamt eher unspektakulär, aber wie das so ist mit Religionen – man muss halt glauben. Die Trommler und die religiöse Ergebenheit der Menschen haben auf jeden Fall schon auch für uns Nicht-Buddhisten einen bleibenden Eindruck hinterlassen.
Hungrig gingen wir dann in das „Muslim Hotel“ (Hotel heißen hier auch Restaurants ohne Schlafmöglichkeit) und ließen uns die Nationalspeise von Sri Lanka, nämlich Curry, schmecken. Dazu bestellten wir allerdings nicht traditionell Reis, sondern zwei verschiedene weiche Fladenbrote. Zum Trinken gab es je zwei frisch hergestellte Mangosäfte. Alles in allem für einen Preis von nicht einmal 6 €. Zufrieden krochen wir dann den Berg wieder zur Unterkunft hinauf, wo schon das Bett im warmen Zimmer wartete.

















