16.04.2017 – Totes Meer

Von den ersten Sonnenstrahlen, die durch die Ritzen der fensterlosen Hütte schienen und den Stoff im Inneren golden leuchten ließen, wachten wir auf und frühstückten im „Verpflegungszelt“. Nach 3 weiteren Tassen besorgniserregend süßen Tees packten wir unsere Sachen, verluden sie wieder auf den Jeep und verließen das Camp, um wieder zu unserem Auto in Richtung Rum zu gelangen. Dort wartete schon Suleyman, der uns in sein Haus einlud und uns bat, zu setzen. Mit uns war ein weiteres Pärchen in das Dorf Rum gefahren und nun saßen wir in Suleymans Wohnzimmer und wussten nicht recht, was losgeht, weil dieser keine Anstalten machte, uns zum Bezahlen aufzufordern, sondern nur Telefonate durchführte. Nach 10 Minuten Warten ergriffen wir die Initiative und fragten nach, was denn jetzt los ginge, worauf wir dann auch bezahlen konnten. Wir erklärten uns das Verhalten im Nachhinein so, dass es gegen die Gastfreundschaft verstoßen hätte, Gäste „hinauszuwerfen“, ohne dass sie signalisiert hätten, das sie nun tatsächlich gehen wollen. Zum Glück fragten wir nach, sonst säßen wir wahrscheinlich heute noch da.
Nachdem wir das Reservat verlassen hatten, hielten wir uns Richtung Aqaba und bogen kurz davor auf die alte Königsstraße ab, welche die ganze Zeit an der israelischen Landesgrenze entlang läuft. Lange Zeit fuhren wir dann wieder durch wüstenartige Landschaft, bis wir endlich den ersten Zipfel des grünlich-blau leuchtenden Toten Meeres entdeckten. Christians Kommentar: „So tot sieht das eigentlich gar nicht aus“ ist schon vollkommen richtig, aber wenn man die weißen Salzränder am Ufer betrachtet und sich ins Gedächtnis ruft, dass der Salzgehalt mittlerweile bei über 30 % liegt, kann man davon ausgehen, dass da kaum noch etwas anderes als vielleicht ein paar Algen lebt. Der Salzgehalt kommt übrigens nicht daher, dass das Tote Meer so tief liegt, sondern das kaum Frischwasser nachfließt. Durch den Bau von Staudämmen an den Zuflüssen hat der Salzgehalt in den letzten Jahrzehnten auch noch einmal zugenommen und die Größe des Meeres abgenommen. Jetzt ist ein milliardenteures Projekt geplant, welches das Tote Meer mit Frischwasser aus dem Roten Meer versorgen soll. Ein Projekt, was besonders von Umweltschützern nicht nur wegen der Kosten als kritisch angesehen wird.
Am Toten Meer selbst wählten wir die günstigste Variante zum Baden. Dies ist ein von der Hauptstadt Amman angemieteter Küstenabschnitt, den man als Ausländer für lächerliche 15 € pro Person betreten darf. Woanders zu baden ist zwar möglich, aber das Salz ohne Dusche länger an der Haut zu haben, ist nicht ratsam. Also ließen wir uns an dem ganz schön verdreckten Strand nieder und schauten schon einmal zu, wie andere Leute wie die Bojen an der Wasseroberfläche trieben. Das wollten wir jetzt auch ausprobieren. Und tatsächlich – Untergehen unmöglich. Man treibt wie von einem unsichtbaren Schwimmring getragen oben. Mal ganz abgesehen davon, dass man jederzeit aufpassen muss, dass das Wasser nicht in die Augen oder in den Mund kommt, ist das Treiben auf dem Toten Meer sehr entspannend. Am Strand relaxten wir noch etwas und versuchten ein bisschen zu ignorieren, dass eine ganze Truppe aus männlichen Teenagern doch mehr als offensichtlich hinüber spannte. Wir hatten gerade die Augen zugemacht, da standen auf einmal zwei von denen über uns. „Okay, was kommt jetzt“, dachten wir uns. Es kam, was wir nun gar nicht erwartet hatten. Sie hielten uns jeder ein Fladenbrot mit einer Lammfleischbulette entgegen und kamen kurz darauf mit einem Becher Limo wieder. Nicht genug, wir bekamen auch jeder noch einen Becher Bier, eine weitere Flasche Limo und sollten auch ja Bescheid sagen, wenn wir noch etwas brauchen. Wir waren total perplex. Bei so viel Gastfreundschaft setzten wir uns noch kurz zu ihnen, bekamen vom Bademeister noch einen Joghurt, quatschten und machten noch ein paar Fotos. Als wir nachher am Strand auf der Suche nach dem Toten-Meer-Schlamm waren, der angeblich heilsam wirkt, kam gleich ein anderer Mann an und gab uns etwas davon. Man stelle sich einmal folgende Situation in Deutschland vor. Ein arabisch aussehendes Pärchen setzt sich an die Ostsee. Plötzlich kommt eine Horde Jugendlicher hinüber, und offeriert Gegrilltes und Getränke. Der Bademeister kommt vom Turm herunter und spendiert weiteres Essen. Am Wasser schenken andere Touristen dem Pärchen Muscheln. Mehrere Leute suchen das Gespräch, fragen, wo sie herkommen und heißen sie in Deutschland willkommen. Es mag sein, dass Deutschland in einigen Belangen weit gekommen ist, in Sachen Gastfreundschaft besteht noch unheimlicher Nachholbedarf.
Nachdem wir den letzten Schlamm einigermaßen abgewaschen hatten und die Sonne an Kraft verlor, fuhren wir die Berge wieder hinauf nach Madaba. Für den letzten Tag gönnten wir uns noch eine bisschen bessere Absteige, die wir auch heute nur noch verließen, um etwas Abendbrot einzunehmen. Viel brauchten wir nach der nachmittäglichen Mästung wahrlich nicht mehr. Was ein schöner Abschluss für den letzten vollen Tag in Jordanien.

 

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Totes Meer- eigentlich sehr idyllisch, wenn nicht tot 😉

 

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Einfach mal ein bisschen abhängen
DCIM102GOPRO
Unsere Verpflegungscrew

 

 

 

 


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