Nach dem Aufstehen genossen wir den Blick auf die Berge, den Kazbegi und das Kloster, zu dem wir uns gestern hinauf- und wieder hinuntergequält hatten. Zum Frühstück fuhr unsere Herbergsmutter noch einmal richtig auf, so dass wir auch locker bis nach Berlin hätten durchfahren können.
Wollen wir aber ja noch nicht, deshalb machten wir uns erst einmal in Richtung Tiflis auf. Weiter ging es über die von Russland bis nach kurz vor Tbilisi führende georgische Heeresstraße, auf der heute keine Heere, sondern vor allem Tiere aller möglicher Art verkehren. Warum auch immer zogen es die Viecher vor, auf der Straße, vorzugsweise auf Brücken zu stehen und da eine komplette Fahrspur von oben nach unten vollzukoten. Wir machten kurz Halt, um über ein Tal und das „Denkmal der russisch-georgischen Freundschaft“ zu blicken. Es handelt sich dabei um einen von 1983 stammenden, riesigen offenen Rundbau, der innen bunte Gemälde der georgischen und russischen Geschichte zeigt. Das Denkmal selbst war aber gerade gesperrt. Seit die Russen 2008 kurz vor Tbilisi standen, ist auch gerade (zumindest politisch) nicht sooo die große Freundschaft angesagt. Als wir da standen, kam ein Kleinwagen aus Großbritannien mit 3 Leuten in unserem Alter vorbei. Sie hatten Aufkleber von der „Mongol Rally“ am Auto. Das interessierte uns und wir sprachen sie an. Wir hatten schon lange geliebäugelt, an einer Jedermanns-Rallye von Deutschland nach Tadschikistan teilzunehmen. Es stellte sich heraus, dass die drei US-Amerikaner waren und jetzt mit etwa 350 anderen Teilnehmern mit Wagen unter 1,2 l Hubraum versuchten, in die Mongolei zu kommen. Also nur zur Info und zur innerlichen Vorbereitung: Wir überlegen stark, nächstes Jahr so unser Sabbatjahr zu beginnen. Vielleicht lernt Christian bis dahin auch, entweder den Gang einzulegen, oder die Handbremse ordentlich anzuziehen. Vielleicht fühlte sich das Gölfchen auch zu wenig beachtet, weil es gerade um das Rallye-Auto ging. Jedenfalls setzte es sich still und heimlich zu einem Suizidversuch in Richtung Klippe in Bewegung und konnte nur durch das mutige Eingreifen seines Besitzers vor schlimmeren bewahrt werden.
Nach weiterer Fahrt mit unserer Diva machten wir einen kurzen Stopp an der aus dem 17. Jahrhundert stammenden Wehrkirchenanlagen „Ananuri“, die überhalb des türkisblauen Schinwali-Stausees thront. Aus dem 17. Jahrhundert ist jetzt nicht so alt, aber wenn man nur einmal anfängt, die georgische Geschichte zu lesen, wird man überrascht sein, dass nach den unzähligen Jahren ständiger Invasion, Besatzung und Zerstörung dieser strategisch so wichtigen Region überhaupt noch ein Stein auf dem anderen steht.
Einen weiteren Stopp legten wir in Mtskheta ein. Dort stehen gleich drei georgisch-orthodoxe Kirchenbauten, die zum UNESCO-Weltkulturerbe gehören. Wir beschränkten uns nur auf eine, nämlich auf die Swetizchoweli-Kathedrale. Hier im Zentrum soll bereits im 4. Jahrhundert nach Christus die erste Kirche Georgiens gestanden haben, was dieses Land neben Armenien und Äthiopien zur ältesten christlichen Nation der Welt macht.
Weiter ging es zum eigentlichen Ziel, Tbilisi. Durch die Stadt zum Hostel zu kommen, stellte sich als echte Herausforderung dar. Fahrbahnmarkierungen sind kaum vorhanden, bzw. missverständlich (null verwirrend, wenn Pfeile auf der Straße in die entgegengesetzte Richtung zeigen, obwohl die Einbahnstraße in unsere Fahrtrichtung verläuft). Zudem haben tiflisische Autofahrer den Sinn von Blinkern noch nicht erkannt und zogen so ohne Vorwarnung mit ihren meist eh schon Stoßstangen-Freien Karren haarscharf und unberechenbar links und rechts an uns vorbei. In solchen Situationen bin ich wirklich froh, das Christian fährt, denn ich hätte bestimmt dort mindestens 3 Unfälle gebaut.
Angekommen am Hostel luden wir nur schnell aus und gingen dann in einem wirklich heruntergekommenen Keller essen, was aber für die Location (und auch allgemein) überraschend gut schmeckte. Anschließend gingen wir zu einem anderen Hostel, weil wir eigentlich eine Kneipentour mit Locals machen wollten, die sich allerdings nicht so recht zusammen fand. Im Innenhof lernten wir dann aber recht schnell Franco, einen Typen aus Malta kennen. Dieser befand sich gerade auf seinem zweiten Sabbatjahr, dass ihm in Malta nur genehmigt wurde, weil er vorgab, seinen Doktor machen zu wollen. Mittlerweile hat er zwar 68 Länder bereist, aber Doktor ist er noch lange nicht. An diesem Abend stießen wir noch auf andere Teilnehmer der Mongol Rally, die das Bedürfnis, da mitfahren zu wollen, nicht gerade schmälerten. Nach ein, zwei Bier (vielleicht auch etwas mehr 😉 ) traten wir den Gewaltmarsch zu unserem Hostel an und gingen zufrieden ins Bettchen.







