31.07.2017 – Von Tiflis nach Jerevan (Armenien)

Etwa um 9 Uhr wurden wir mehr oder weniger geweckt, weil der Gastvater und die Gastmutter Frühstück vorbereitet hatten. Am Tisch mit 6 Russen und einem Omani nahmen wir das wohl reichhaltigste Frühstück ein, dass wir bis jetzt jemals hatten. Gebratenes Khachapuri mit Bohnen und Käse, Mayonaisesalat, ein Fleisch- und Lebergericht mit viel Zwiebeln und viel Fett und (scheinbar für das gute Gewissen) Gurken- und Tomatensalat. Etwa in der Hälfte des Essens holte der Hausherr den Tschatscha heraus und schenkte allen einen Doppelten ein. Scheinbar wehrte ich mich nicht genug und so bekam ich direkt danach noch einen zweiten. Als das Essen beendet war, wurde eine Bodenluke im Flur geöffnet. Ich staunte über diese Konstruktion und zack, schon lud mich die Gastmutter ein, hinunter zu gehen. Dort stand nicht, wie ich vermutet hatte, Vorräte für den Winter, sondern Tschatscha und Wein überall. Aus einem riesigen Fass schöpfte der Hausherr noch ein Becherglas Wein für mich ab. Nicht auch noch Wein dachte ich mir, denn zu viel Wein führt bei mir nur selten zu etwas Guten. Aber was muss, das muss. Das ist also Georgien. Es ist noch nicht mal um 10 Uhr und man hat schon ziemlich einen in der Krone.
Christian, der nicht mittrinken konnte, ging aufgrund meiner Fahne lieber allein das Auto holen, während ich auf Franco, unseren maltesischen „Doktoranden“ wartete. Wir wären ja sowieso gefahren und er freute sich, da sich am Ende seiner Reise auch das Geld zu Ende neigte, über eine kostenlose Mitfahrgelegenheit.
Die Grenze zu Armenien stellte sich als wahre Vorbildsgrenze heraus. Sowohl bei Aus- und Einreise müssen die Passagiere aussteigen, während der Fahrer weiterfährt. Bei Franco mit seinem maltesischen Exotenstatus dauerte das alles ein klein wenig länger, da die Grenzer erst einmal Malta nachschlagen und sich versichern mussten, dass dies kein erfundenes Fantasieland ist. Bei der Einreise füllte ein armenischer Beamter das mit armenischer Schrift geschriebene Zollformular aus (so geht das, Russland!!) und nach der Grenze ließen wir uns noch eine armenische Haftpflichtversicherung für das Auto andrehen. Darauf wurden wir auch von Grenzbeamten hingewiesen. Ob die wirklich notwendig ist, bzw. für was oder in welchem Geldrahmen diese haftet, wissen wir nicht genau (ist auf armenisch). Da die grüne Autoversicherungskarte nicht für Armenien gilt und das Ding nur etwa 6000 Dram (etwa 10 €) kostete, kann es sicherlich nicht schaden.
Gleich nach der Grenze kann man eines der drei UNESCO-Weltkulturerbe Armeniens besichtigen. Um zum Kloster „Haghpatavank“ zu gelangen, mussten wir die normale Straße verlassen, um in Serpentinen etwa 10 km im sogenannten Debed Canyon hinaufzufahren. Das Verlassen fiel uns nicht sonderlich schwer, da es so große Schlaglöcher gab, dass Franco vermutete, dass dadurch eine Menge Öl gefördert werden könnte. Das Kloster wurde im 10. Jahrhundert gegründet und gehört zur armenisch-apostolischen Kirche. Vielleicht hat schon einer mal mitbekommen, dass mindestens 60% der Sehenswürdigkeiten in Armenien und Georgien Klöster und Kirchen sind. Das hat vor allem damit etwas zu tun, dass diese Völker dermaßen überzeugte Christen waren, dass sie lieber allen anderen Krempel, als ihre Gotteshäuser zur Zerstörung auslieferten.
Zum Weltkulturerbe gehört noch ein anderes Kloster in der Nähe mit dem Namen „Sanahin-Kloster.“ Uns wurde vorgeschlagen, dorthin von Alaverdi mit der Seilbahn zu fahren. Alaverdi war in Sowjetzeiten ein bedeutender Ort für den Kupferabbau, aber nachdem die Mine schloss, erinnert der Ort heute eher an Tschernobyl. Irgendwie schien es, als ob die Zeit stillstände. Was noch stillstand, war die (nicht mal für mich besonders vertrauenswürdig wirkende) Seilbahn. Obwohl es Fotos von 2016 gibt, die beweisen, dass die Seilbahn noch fuhr, wirkte alles, wie seit mindestens 20 Jahren verlassen. Da wir nicht noch einmal die Strecke verlassen wollten, aßen wir noch ein paar Brombeeren vom Wegesrand und fuhren dann einfach weiter.
Kurz nach Alaverdi ging die Straße steil bergauf aus dem Debed Canyon heraus. Von oben eröffneten sich ein spektakulärer Blick über das tief eingeschnittene Tal. Die weitere Straße nach Yerevan führte uns durch Berge und unendliche Weiten. Wer sich fragt, warum ich den Blog nicht aktuell halten kann. Die Landschaft ist so spektakulär, dass man nicht während der Fahrt schreiben will. Der Blick über die Landschaft entschädigte ausreichend für die teils wirklich schlimmen Straßen und die absolut heruntergekommenen Kleinstädte, durch die wir fuhren.
Auch der Verkehr in Jerewan stellte sich als deutlich angenehmer als in Tiflis heraus. Hier gibt es mehr Blitzer als in Brandenburg, es gibt Fahrbahnmarkierung und die Rate derer, die tatsächlich auch mal blinkte, stieg signifikant.
Am Abend gingen wir um die Ecke zu einem armenischen Restaurant und aßen Salat, „Spas“ (armenische Joghurtsuppe), Aveluk (geschmorter,spinatartiger Sauerampfer) und Lammkebab. Nach diesem hervorragenden und preiswerten Mahl fiel das Einschlafen nach dieser Kilometer- und Fahrzeitaufwendigen Strecke leicht.

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Kloster „Haghpatavank“
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Kloster „Haghpatavank“
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Im Inneren des Klosters
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Seilbahn zum Kloster „Sanahin“ – leider außer Betrieb
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Oberhalb des Debed Canyon auf dem Weg nach Yerevan

 


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