Heute sollte der Grenzübergang Georgien zur Türkei bewältigt werden. Doch halt, erst einmal mussten wir natürlich vom Berg herunter steigen. Beim Frühstück genossen wir noch einmal die wunderbare Natur, während die ersten Aufsteigenden zum Gletscher begeistert winkten, als sie unser Zelt sahen. Dann hieß es aber Zelt zusammen räumen, dem Gletscher Lebewohl zu sagen, noch einmal froh zu sein, dass sich die beiden riesigen Felsblöcke oberhalb unseres Zeltes am Berg nicht in dieser Nacht gelöst hatten und dann den Abstieg anzutreten. Wieder beim Auto richteten wir noch etwas mehr Chaos an, dass die Grenzbeamten auch ja keinen Bock haben würden, dieses zu durchsuchen.
Danach ging es den gleichen serpentinenbehafteten Weg wieder nach unten. Den Weg an die Grenze zu Abschasien (abtrünniges Gebiet zwischen Russland und Georgien) sparten wir uns. Wir hatten sowieso kein Visa und hatten nicht herausfinden können, ob man, wenn man in Georgien ein- und ausreist, genauso einen Kopf kürzer gemacht wird, wie wenn man versucht, von Russland durch dieses Gebiet nach Georgien einzureisen. Scheinbar ist das alles nicht so witzig, denn die georgische Bordercontrol hatte schon auf der Wanderung zum Gletscher sicherstellen wollen, dass wir nicht mal nach Abschasien hinüberwandern.
Die weitere Fahrt nahe der Schwarzmeerküste verlief unspektakulär. Hinter Poti sahen wir das Schwarze Meer, dass wir die ganze Zeit umrundeten, dann zum ersten Mal. Da musste man schon einmal hineinhüpfen. Das Gute daran – es gab feinen schwarzen Sandstrand und es war weit und breit kein anderer Mensch zu sehen. Das Schlechte daran – was zu sehen war, bestand hauptsächlich aus Müll, der sich in einem 10 Meter breiten Streifen soweit das Auge reichte am Strand lang zog. Das Ganze ist jetzt nicht so super verwunderlich, da den meisten am Meer grenzenden Staaten Umweltschutz am Allerwertesten vorbei geht. Wir fragten uns, ob so manchen Russen, Georgier oder Türken, die so vollkommen leichtfertig ihren Müll aus dem Auto warfen, so ein Bild ähnlich schockt wie uns. Klar kann man vieles unter „Andere Länder, andere Sitten“ akzeptieren, aber das mit dem Müll fällt da echt schwer. Vorne am Wasser lag jedenfalls kein Müll und so konnten wir doch noch recht bedenkenlos in die eigentlich viel zu warme Brühe springen. Wieder im Auto kämpften wir uns noch durch das völlig touristische Schwarzmeerstädtchen Batumi und nahmen dann grenznah noch einen kleinen Imbiss ein. Zitronensaft und Pul Biber auf dem Tisch machten klar- die Türkei ist nicht mehr weit.
Sehr nett und mit einem „Good Luck“ wurden wir von der Grenzbeamtin in Georgien verabschiedet. Doch auch die Einreise in die Türkei verlief weniger problematisch, als wir uns das vorgestellt hatten. Keine „Sonderbehandlung“ für die derzeit politisch sehr unbeliebten Deutschen, sondern nur nette Plaudereien. Damit wurde auch klar, dass das im Hinblick auf zukünftige idiotische Handlungen des „Irren am Bosporus“ zur Sicherheit beantragte Visum zur doppelten Einreise nach Russland hinfällig wurde.
Mittlerweile lagen acht Stunden Fahrt (für 285 km) hinter uns und wir machten uns Gedanken zur Nächtigungssituation. Wir klauten uns in Hopa, dem echt hässlichen türkischen Grenzstädtchen, in einem Restaurant Wi-Fi. Mit Erschrecken stellten wir fest, dass die Seite booking.com zwar nicht total blockiert ist, aber man in der Türkei keine Angebote mehr zur Türkei findet (Begründung: unlauterer Wettbewerb). Ein Einheimischer erzählte uns, dass die Chancen recht schlecht stünden, jetzt noch etwas zu finden. In einem Hotel in der Nähe wurde uns nur ein Zimmer ab 80 € aufwärts vorgeschlagen. Was nun, es war dunkel, weiterfahren ging also schlecht. Also weitergucken. Ich war mittlerweile auch schon so geschafft, dass ich Christian sagte, dass ich nur irgendwo schlafen will, wo keine Ratten sind. Diesen Wunsch konnte er umsetzen und machte uns ein Zimmer klar, dass uns für 20 € jeglichen Komfort bot. Dieser bestand vor allem in überall wuchernden Schimmel, einem dreckigen Boden, fehlender Klimaanlage bei 36 Grad, direkter Hauptstraßenlage und einem Bett, auf das man fast nicht mal sein Schlafsack-Inlet legen wollte. Herrlich! Das Beste kommt aber noch. Als wir zum Essen gehen wollten, standen in zwei Nachbarzimmern die Türen auf. Auf dem Bett saßen jeweils eine Mittfünfzigern mit wasserstoffblonden Haaren und eindeutigen Gewand. Verdammte Sch…Das Hotel war wohl gleichzeitig ein Puff. Nach einem kurzen Nervenzusammenbruch meinerseits und der Einsicht, dass es für den Tag keine andere Lösung geben würde, ging Christian allein Essen besorgen und ich versuchte im Zimmer meinen Blick immer schön auf Bücher oder den Laptop, anstatt auf die Umgebung zu fixieren.
Nachdem Christian mit dem Essen (zwei Dürüm, einer mit Lammfleisch und einer mit einer orientalischen Paste und Baklava) wiederkam, verbesserte sich die Situation schon etwas. Jetzt hieß es nur noch in dem viel zu lauten, viel zu heißen und hoffentlich nicht Bettwanzen-verseuchten Zimmer wenigstens ein bisschen Schlaf zu finden.
P.S. Diejenigen, die auf der Suche nach den schlimmsten Unterkünften weltweit sind, würden wir das „Otel Imren“ in Hopa dringend ans Herz legen. Das Beste daran: Es gibt keine Ratten!


