10.08.2017/11.08.2017 – Von Ostanatolien nach Zentralanatolien mit Ziel Kappadokien

Im Schlaf in unserem 5-Sterne-Hotel träumten wir von Georgien. Georgien und seiner bewegten Geschichte, den atemberaubenden Landschaften, einer tollen Hauptstadt, dem leckeren Essen und Getränken, den unheimlich herzlichen Menschen. Es hat uns da unheimlich gut gefallen, auch wenn es noch viele andere Touristen gab, die das ebenso sahen. Jeder, der die Chance hat, einmal nach Georgien zu reisen oder auch nur georgisch essen zu gehen, sollte dies dringend tun. Georgien ist kein supergünstiges Reiseland, liegt aber preislich deutlich unter dem Niveau von Deutschland. Und vor allem ist Georgien jeden Lari wert!
Aber aus der Traum und das mehrere Male in der Nacht in dem menschenunwürdigen Zimmer in Hopa. Ein echter Zwiespalt tat sich in der Nacht auf. Bei 35 Grad das Fenster schließen oder die Geräusche von hupenden LKW, ultralauten Oriental-Techno, Schlangenbeschwörungsflöten und Gebetsrufen aus der naheliegenden Moschee ertragen. Während Christian das besser ertragen konnte, war bei mir spätestens um 5 Uhr nach gefühlt einer Stunde effektiver Schlafzeit die Nacht vorbei. Also beschäftigte ich mich noch ein bisschen damit, Wikipedia-Artikel zu lesen. Nein, Scherz, geht nicht, Wikipedia ist in der Türkei seit Ende April noch immer gesperrt. Der Grund dafür ist auch der gleiche Grund, warum es länger keine Blogartikel gab. Wer in der Türkei sich dem Tatbestand „Beleidigung der türkischen Nation, der türkischen Republik und der Institutionen und Organe des Staates“, das heißt, jegliche leise, öffentliche Kritik zu Schulden kommen lässt, der ist ganz schnell weg vom Fenster. Das die Regierung da auch nicht vor Leuten halt macht, die keinen türkischen Pass haben, zeigt der Fall des Anfang Juli inhaftierten Amnesty-Mitarbeiters Peter Steudtner. Klar sind wir dagegen nur ein kleines Licht, aber in der derzeitigen Menschenrechtslage kann man wahrscheinlich nicht paranoid genug sein.
Nach dem Erwerb eines Simit (Brotkringel mit Sesam) ging es dann von der Küstenstraße weg in die Berge. Wir hatten gehört, dass das die landschaftlich reizvollere Strecke sei. Wir hatten bis zu letzt hin und her überlegt, aber wir wollten der Türkei und vor allem der Bevölkerung mehr Chance geben, als einfach nur an der Schwarzmeerroute entlang zu rauschen. Tatsächlich war die Landschaft auf der Strecke über Erzurum und Erzincan beeindruckend. In Serpentinen ging es hoch und wieder herunter. Einen längeren Stopp machten wir aber nur am 7 Quadratkilometer, tieftürkisen Stausee „Tortum Gölü“ und bei einer Raststätte an der Straße, an der wir uns eine gute Portion Shish Kebab und literweise Tee schmecken ließen.
Angekommen in der 350.000 Einwohner Hauptstadt Zentralanatolien Sivas ging die obligatorische Raumsuche los. Nach nicht allzu langer Zeit fanden wir ein kleines Zimmer mit zwei, kleinen Einzelbetten und Ausblick auf die benachbarte Häuserwand, das immerhin ziemlich sauber und (unseres derzeitigen Wissens nach) kein Puff war. Am Abend ließen wir es uns in einer Lokantasi (türkisches Restaurant, in der hauptsächlich vorgekochte Speisen angeboten werden. Nach einer fast odysee-artigen Suche nach Bier in dem ziemlich konservativen Städtchen ließen wir uns eben jenes (2,50 € pro Bier) in der Unterkunft schmecken. Nach über 12 Stunden auf den Beinen ließen wir uns dann „sehr gern“ in die viel zu kleinen Bettchen fallen.
Am nächsten Tag stockten wir unsere Vorräte wieder auf. Gerade in Obst- und Gemüseläden sieht man sehr gut, dass die Türkei eines der wenigen Länder ist, das sich lebensmitteltechnisch ohne zusätzlichen Importe selbst ernähren könnte.
Auf der Fahrt nach Kappadokien sahen wir kurz vor der Ankunft auf einmal rechts neben der Straße eine riesige weiße Fläche hervorschimmern. Nach einem kurzen Blick in den Reiseführer stellten wir fest, dass es sich hier um den „Tuz Gölü“, dem zweitgrößten See der Türkei handelte. Wir fuhren auf einem kleinen Abstecher zum See. Der See mit über 30 % Salzgehalt ist im Sommer fast ausgetrocknet. Nach etwa 800 m auf dem eingetrockneten, mit einer Salzschicht überzogenen Untergrund wurde es Christian zu schlammig und wir kehrten um.
Nach nicht allzu langer Zeit erreichten wir dann Kappadokien. Abstrakte Tuff-Felsformationen (sogenannte „Feenkamine“) in und um die Stadt Göreme, die durch vulkanische Aktivität und Erosion entstanden, machten deutlich, dass wir hier an einem ganz besonderen Ort sind. Auf der Suche nach einer anderen Unterkunft vermittelte uns ein Keramikhändler den Kontakt zu der Pension über ihm. Für 22 € pro Nacht bezogen wir ein kleines appartmentähnliches Zimmer in einem der Tufffelsen, die in Göreme wie eine riesige Zipfelmütze geformt sind. Das Zimmer ist eine Art Höhle direkt im Felsen. Wenn man sich da nicht wie ein Hobbit aus Herr der Ringe fühlt.
Wieder mit Hilfe unseres Keramikhändlers buchten wir für den Abend noch eine Quadtour. Wir hatten im Gegensatz zu den riesigen Asiatengruppen das Glück, alleine mit unserem Guide Ali fahren zu können. Nach einer kurzen Einweisung ging es 18 Uhr los. Über Hügel und durch Tunnel ging es dann in die Welt der abstrakten Felslandschaften und weiten Täler Kappadokiens. Mit den letzten Strahlen des Abendslicht beleuchtet, ergab sich ein unfassbar beeindruckendes Bild. Eine echt lohnenswerte Tour, die durch Ali mit witzigen Fotoideen bereichert wurde. Wieder zuhause war Christian noch immer voll auf Adrenalin und ich, die hinter den beiden hergefahren war, vor allem voll mit Staub. Da das Duschwasser aber nur für Christian reichte, ging es für mich nur mit Feuchttuch-Katzenwäsche zum Essen. Zum meinem Glück fand ich dieses Mal auch endlich mal wieder ein vegetarisches Hauptgericht. Das ist im gesamten osteuropäischen Raum gar nicht so einfach, wenn man nicht nur Salat oder gegrilltes Gemüse essen will. Auch die Suche nach Alkohol gestaltete sich in dem touristischen Göreme einfacher und so infiltrierten wir uns zusammen mit Murat, dem Campingplatzbesitzer von nebenan, noch etwas Bier und Wein.

 

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Stausee „Tortum Gölü“
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Blick auf das Hinterland des Stausees
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Salzsee „Tuz Gölü“
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„Tuz Gölü“

 

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Kappadokien Quad-Tour
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Bin etwas gewachsen…
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Abstrakte Tuffsteine
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Wohnräume im Stein
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Auf geht es in die Täler
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In der Landschaft Kappadokiens
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Quad-Experte
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„Liebestal“
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Foto von Ali
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Foto von Ali II

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