24.10.2017 – Yazd

Nach einer leisen, aber sehr kurzen und extrem heißen Nacht, in der man schon gar nicht wusste, was man noch ausziehen soll, wenn iranische Männer im Abteil sind, wachten wir früh dreiviertel 7 von der Ansage des Schaffners auf. Beim Blick aus dem Fenster stellten wir fest, dass der Großstadtjungle einer weiten Wüstenlandschaft gewichen war. Die etwa 50 Wüsten in dem mehr als vierfach so großen Land wie Deutschland gehören zu den heißesten und trockensten der Welt.
Am Morgen, als uns unsere Zugmitbewohner uns mit ihrem Taxi mitnahmen, waren es jedoch sehr angenehme Temperaturen.
Angekommen am Hostel bekamen wir erstmal einen ordentliches Frühstück mit Fladenbrot mit verschiedenen Gewürzen, Honig, Feta, Gemüse, Obst und Tee, Tee und noch einmal Tee. Danach wurde erst einmal eine extrem lange Runde relaxt und mit anderen Leuten Reisegeschichten ausgetauscht. Erst gegen 14 Uhr flanierten wir durch die engen Gassen der ausschließlich in Lehmbauweise errichteten Gebäude. Erstes Ziel war die Freitagsmoschee. Die Freitagsmoschee ist immer die größte Moschee eines Landes oder einer Stadt, weil sich dort alle am Freitag zum wichtigsten Gebet der Woche versammeln. Da im Islam Bilderverbot herrscht, haben jegliche Künstler ihre Energie darauf gesetzt, kunstvolle Ornamente zu entwickeln. Diese werden seit über einem Jahrtausend auf den überall zu findenden hauptsächlich blauen Fliesen verwendet. Auch an der Freitagsmoschee haben die Fliesenleger einen ehrgeizigen Job verfolgt.
Danach nahmen wir einen kleinen Snack ein. Das Angebot dazu war begrenzt, denn in kleineren Städten gibt es nachmittags eine etwa dreistündige Siesta. Für mich war das ein Glücksfall, denn so konnte ich meiner heißbeliebten Nudeln mit Tomatensauce-Sucht frönen, während Christian eine Art Riesensamosa (frittierte Teigtaschen) dinierte. Ausgerüstet mit einem riesigen Granatapfel und Mandarinen machten wir uns dann zu einem drei Kilometer langen Gewaltmarsch zum Badgir im Dowlat-abad auf. Als wir den Eingang suchten, kamen wir bei einem Afghanen vorbei, der uns zahnlos voller Stolz in seinem Granatapfelgarten seine rot leuchtenden Schätze zeigte. In einem anderen Land wäre das jetzt die perfekte Situation gewesen, in der man den Selbstgebrannten herausgeholt hätte. Aber ist nicht und so gingen wir dann doch zum Badgir im Dowlat-abad. So und jetzt noch einmal auf deutsch. Wir gingen in einen Park, an dessen Ende eine der größten Windtürme der Welt steht. Diese dienten zu Zeiten vor Ventilator und Klimaanlage zur Kühlung von Gebäuden. Mit einem komplizierten System (physikalisch mehr begnadete Menschen als wir können das sicher besser erklären) wurde mit Hilfe verschiedener Zuleitungs- und Abzugsschächte in den Gebäuden ein Luftaustausch und eine gleichzeitige Kühlung ermöglicht. In dieser ruhigen Atmosphäre des Dowlat-Abad aßen wir dann unseren köstlichen Granatapfel und saßen noch etwas, bis die Sonne ganz hinter den Lehmbauten verschwand.
Auf dem Weg Richtung Restaurant erkletterten wir noch die Dachterrasse eines Cafés, um einen Blick über das nächtliche Yazd zu erhalten. Begleitet vom Gesang des Imams ließen wir unseren Blick über die unzähligen Windtürme, Moscheen und Lichter der Stadt schweifen.
Zum Essen besuchten wir ein traditionelles persisches Restaurant, zogen die Schuhe aus und ließen uns auf den Teppichen nieder. Als erste Amtshandlung fragte der Kellner, woher wir kommen und stellte uns nach Antwort prompt die deutsche Flagge auf den Teppich. Wir erklärten sogleich unseren Teppich von nun an zum deutschen Staatsgebiet und gaben als neue Reichsbürger dem Kellner zu verstehen, dass wir keine Ausländer in unserem Territorium dulden. Nein Quatsch, wir ließen das Ding einfach unbemerkt hinter unseren Kissen verschwinden und ignorierten es von nun an gnadenlos. Wir orderten Shiraz Salat (klein gewürfelte Tomate, Gurke, Zwiebel mit viel Zitrone und Minze), Shuli (eine vegane Suppe mit vielen Kräutern), den standardmäßigen Kebab und Mirza ghasemi (ein veganer Aufstrich mit gegrillten Auberginen, Tomate und Knoblauch). Dazu gab schwarzen Tee mit Kardamom und alkfreies Bier. Unsere Leber tanzt diesen Urlaub einen ausgelassenen Freudentanz. Mit einem Alkfrei-Bier to go gingen wir zurück zum Hostel, schnatterten noch eine Runde und gingen dann nach der gestrigen kurzen Nacht etwas eher zu Bett.

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Freitagsmoschee
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Ornamentik/ Minarette der Freitagsmoschee

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Amir-Chakmak-Moschee
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Christians neuer Granatapfel-Dealer
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Windturm
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Granatapfel-Festmahl
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Im Windturm

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Zugpferd Christian
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Abendessen
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In den nächtlichen Lehmhäusergassen von Yard
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Yazd bei Nacht

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