Nach dem 17-Stundentag gestern meldete uns das Gehirn leider schon nach 5 h Schlaf im Zelt am Morgen die beginnende Denaturierung. Um dem Überhitzungstod zu entgehen, sprangen wir gleich mit den Leuten aus den zwei anderen Teams in die angenehm kühlen Fluten des Schwarzen Meeres. Nicht vergleichbar mit dem vermüllten Strand nur ein paar Kilometer nördlich von hier, an dem wir uns letztes Jahr erfrischen wollten. Wenn mal ein paar mehr Menschen etwas abseits der Touristenpfade gucken würden, um zu sehen, was der Mensch der Natur so antut…
Während die anderen Teams gehetzt von der wenigen Zeit, die sie zu Verfügung hatten, eilig packten, stiegen wir aus. Der letzte Tag hatte gereicht, jetzt hatten wir uns auch mal etwas Abgammeln verdient. Also sagten wir Lebewohl und verbrachten den Tag einfach nur mit faul herumliegen, lesen und baden. Am Abend fuhren wir noch nach Kobuleti, um ein ausgezeichnetes Mahl aus Christians Lieblingsvorspeise Badrijani Nigvzit ( Auberginenröllchen gefüllt mit Walnusspaste), Ei in Koriandertomatensauce ähnlich Shakshuka und Khinkali (georgischen Ravioli) zu essen. Die sehr netten Besitzer lotsten uns noch hoch zu ihrem Laden, wo wir, die nicht mal Aldipappwein von 100-Euro-Wein unterscheiden könnten, einen Wein zum Essen verkosten und aussuchen sollten. Die Traubensorte hieß jedenfalls „schmeckt gut und betütelt gut“. 🙂
Nach einer weiteren Nacht im Zelt und abbaden im Schwarzen Meer, räumten wir gerade zusammen, als zwischen dem Paar, das den Campingplatz leitete, ein handfester, lautstarker Streit entbrannte. Während die georgische Frau Flodder sich kreischend und heulend in die Mitte des Campingplatz setzte und ihre Tasche packte, verkrümelte sich der Besitzer zusammen mit seinen Schäferhunden in seinem Kabuff. Ehe die für uns natürlich komplett unverständliche georgische Seifenoper noch mehr ausartete, stürzte sich Christian todesmutig an die Nahkampfzone, zahlte 8 Euro für die zwei Nächte und startete so schnell wie möglich den Motor in Richtung Tiflis.
Gegen 18 Uhr kamen wir im brandneuen „Moosica Hostel“ an, stärkten uns bei Auberginenröllchen, Salat, Pelmenisuppe, Kebab und hausgemachter georgischer Wurst und gingen dann bei einer Wahnsinnshitze zum „Fabrika Hostel“. Dort hofften wir, ein paar andere Mongol Rally-Teams zu treffen, weil wir letztes Jahr eben dort welche getroffen hatten. Wie sich heraus stellte, hatte aber keiner genau unser Tempo und war entweder schon da oder wollte erst hinfahren. Wir machten uns trotzdem einen lustigen, süffigen Abend mit einem Schweizer Radreisenden und einem Vielreisenden aus Katar. Keinen von beiden nahmen wir jedoch am nächsten Tag eine Woche mit dem Auto mit wie letztes Jahr unseren tanzenden Maltesen Franco.
Am nächsten Tag krochen wir etwas übernächtigt erst nach 10 Uhr aus dem Bett, packten und versuchten dann, auf schnellsten Weg Tiflis zu verlassen. Gar nicht so einfach, denn viele Straßen haben wohl seit neuesten eine Mittelspurabgrenzung, so dass man nur an sehr wenigen Stellen links abbiegen kann. Ganz schön blöd, wenn man aber vom Osten in den Westen der Stadt möchte und Google Maps immer fröhlich sagt, man solle dort links abbiegen, wo einfach kein links abbiegen möglich ist. Nach dreimaligen Umwegen und einem halsbrecherischen Wendemanöver über die vierspurige Stadtautobahn waren wir dann aber schließlich auf der richtigen Spur und fuhren in Richtung Norden in die Berge. Schnaufend quälte sich Flipper im zweiten Gang bis nach Passanauri hoch. Zweimal mussten wir stehen bleiben, weil die Motortemperatur bedenklich hoch stieg.
Aber immerhin- wir kamen an. Nachdem wir uns auf dem Balkon der Unterkunft erstmal eine schöne Dose Erbsensuppe aus den Vorräten auf dem Kocher erwärmten und teilten, stiegen wir ins Schlauchboot zum Wildwasserraften um. Leider war aufgrund der Jahreszeit der Fluss „Aragvi“ weniger reißend als direkt nach der Schneeschmelze. Ein nasses Vergnügen und eine gute Vorbereitung für weitere Wildwassertrips im Laufe der Reise war es allemal. Am Abend gab es für Christian gegrilltes Schweinefleisch und natürlich die gefüllten Auberginen und für mich einen Salat und Kharcho (Art Gulaschsuppe).
Am nächsten Tag quälten wir Flipper weiter die alte Heeresstraße hoch. Da wo wir letztes Jahr mit Leichtigkeit mit dem Golf herunter gerollt sind, ging es nun mit dem Peugeot doch deutlich langsamer vorwärts. Der Skitourismus schlägt auch hier in Nordgeorgien seine Wellen, große Hotelburgen entstehen für die wohl zumeist russischen zahlenden Kunden. Auch das letzte Jahr noch in der Renovierung begriffene „Denkmal für die georgisch-russische Freundschaft“ war nun fertig gestellt – eine seit 2008 sehr angeknackste Freundschaft. Nach einem Halt und ein paar Fotos in das tief unter uns liegende Tal, bekamen wir Flipper nach ein paar Fehlversuchen wieder in Schwung und legten die letzten Kilometer bergaufwärts nach Stepanzminda zurück.
Hier wollten wir unsere „Raus-aus-der-Karre-rein-in-die-Natur“-Aktion fortsetzen. Wir lagen gut in der Zeit und so dachten wir, dass wir eine Auszeit mit dem Beobachten der Mondfinsternis verbinden könnten. Also wurde Flipper kurzerhand in Stepanzminda abgestellt, Sachen umgepackt, Vorräte besorgt und dann ging es ab in die Berge. Erstes Ziel war das Gergetikloster. Dem aufmerksamen Leser entgeht jetzt natürlich nicht, dass wir uns da letztes Jahr schon einmal mit Mountainbikes hochgequält hatten. Diesen dummen Fehler machten wir natürlich nicht nochmal und bewegten uns deshalb auf Schusters Rappen fort. Zwei Stunden und 500 Höhenmeter später füllten wir am Kloster noch einmal sämtliche Wasservorräte auf und stiegen noch eine Stunde weiter bergauf. In der nächsten Ebene mit 360-Grad-Panorama warfen wir die dampfenden Socken und Schuhe von den Füßen und stellten das Zelt auf. Danach wurden Vorräte zusammen gekramt und Christian stellte voller Entsetzen fest, dass wir ja gar nicht sooo viel Essen mithaben. Dabei wurde ich am Auto jedesmal mit bösen Blick bedacht, als ich noch ein Lebensmittel mehr in den Rucksack packte. Beim Kochen einigten wir uns darauf, dass Vorratshaltung ab jetzt mein Ding wird. Für diesen Abend jedenfalls wurden wir mit Reis mit Mais, getrockneten Tomaten in Öl, Tomate und Oliven und noch ein paar gepflückten Heidelbeeren mehr als satt. Im Schlafsack eingemummelt bei circa 10 Grad warteten wir nun bei geschätzten 50 Runden „Wer bin ich?“ (und wenn ja, wieviele?) darauf, dass der Mond sich verfinstert. Und endlich, dann passierte es. Der Vollmond verfinsterte sich – hinter einer dicken Wolkendecke. Epochales Jahrhunderterlebnis, sowas habt ihr noch nie gesehen. Dann eben Augen zu und gleich alles verfinstern.
Am nächsten Tag ging es wieder weiter steil bergauf. Nach zwei weiteren Stunden und insgesamt jetzt über 1300 zurückgelegten Höhenmetern eröffnete sich vor uns der spektakuläre Blick auf den Gletscher und den 5047 m hohen, wolkenverhangenen Berg „Kazbeg“. Nach reichlicher Überlegung beschlossen wir aber, nicht noch die über 2 h direkt zum Gletscher weiterzugehen, weil wir nicht mehr genug zu essen und trinken hatten. Also wieder den steilen Weg zurück, das Zelt abbauen, das wir zurückgelassen hatten, zum Kloster absteigen und Wasser nachfüllen. Da es jetzt schon kurz vor 3 Uhr war und wir heute noch die Grenze machen wollten, fragten wir einen der Jeepfahrer, ob er uns die restlichen 500 Höhenmeter mit runter nimmt. Und tatsächlich, gleich der zweite nahm uns sogar kostenlos mit. Auch unten nahm er keinen Cent als Dank von uns an- super nett! Nachdem wir uns noch ausreichend mit Chachapuri (mega käsiges Brot oder Pizza), Lobio (im Tontopf gekochten Bohnen) und Salat gestärkt hatten, packten wir die Rucksäcke wieder um und machten uns bereit, die georgisch-russische Grenze anzugehen. Wir wollten gerade abfahren, da wurden wir von einer Gruppe junger Lettland-Russen angesprochen. Auch sie waren mit dem Auto hier und erzählten uns, dass sie von der anderen Seite 7 h für die Grenze gebraucht hätten. Na das kann ja heiter werden. Aber nach einem kurzen deutsch-russischen Biertausch gingen wir es an. Wat muss, dat muss…


























