Pünktlich wie verabredet trafen wir uns um 8 Uhr vor der Unterkunft mit dem Team „Which Way´s east“ und fuhren erstmal lieber noch mal zur Tankstelle, um alles vollzumachen, was wir an Tank und Kanistern bei uns hatten. Wir hatten gehört, dass die Benzinversorgung mehr als schlecht in Usbekistan ist, weil die meisten Leute dort auf Gas umgebaut haben.
Durch die extrem schlechten Straßen brauchten wir für die 87 km bis zur Grenze fast 3 Stunden. Bei Fahrten durch Sand- und Staublöcher fuhren wir kurzzeitig mit null Sicht und husteten uns einen ab vom Staub, der durch die Klima hinein kam. Noch schlechter traf es allerdings unsere Briten, die ohne Klimaanlage entweder ihr Auto in eine Sauna oder mit offenen Fenster in einen Sandkasten verwandelten.
Endlich an der Grenze angekommen, gab das Pannenspray im Auto der Briten den Geist auf und saute den kompletten Grenzbereich mit weißen Schaum voll. Als wir unter gestrengen Blick der Grenzbeamten die Schweinerei beseitigt hatten, durften wir einfahren bzw. die Passagiere mussten aussteigen und zu Fuß weiter. Das brachte die zwei Briten und mich in eine ziemlich blöde Situation. Während einige kasachische und usbekische Wartende der Meinung waren, wir müssten als Touristen vorgelassen werden, waren einige ganz und gar dagegen. In dem etwa 1,50 Gang zwischen zwei Zäunen und einem nach innen öffnenden Tor entbrannte ein Streit und wir mitten drin. Wir waren froh, dass sich die Durchlasser-Fraktion durchsetzen konnte und wir endlich dieses Gefängnis verlassen konnten. Nachdem wir Passagiere in etwa einer dreiviertel Stunde fertig waren und uns in Usbekistan langweilten, kamen zu den Autofahrern mittlerweile noch weitere Teams dazu. Als dann nach weiteren vier Stunden gemeinsam die Autos durchgelassen und kontrolliert wurden, gingen mit uns sechs Teams die Versicherung für Usbekistan (ca. 8 €) abschließen, die weitaus seriöser erschien, als dieses Erlebnis der anderen Art in Kasachstan. Am Ende ging es im Konvoi mit den Briten, zwei Franzosen mit einem Ami 8 (eines der ältesten Autos der Rallye) und einem kanadisch/us-amerikanischen Team. Die Amerikaner hatten an der Grenze mit Erschrecken festgestellt, dass eine Verbindungsstelle zum Motorblock sich komplett gelöst hatte. Zweimal zogen alle mit einem Spanngurt den Motorblock nach oben, um dann die Verbindungsstelle mit zwei halben Tennisbällen schön russisch erstmal für die nächsten Kilometer zu sichern. Da klar war, dass wir es nach dieser langen Grenzüberquerung nicht mehr bis in die Zivilisation kommen, schlugen wir gleich etwas abseits der Straße mitten in der Steppe die Zelte auf. Da niemand den toten Falken direkt nebenan grillen wollte, bevorzugten alle Teams ganz standardmäßig Nudeln. Nach noch etwas Umtrunk gingen alle bei fast schon kühlen Temperaturen ins Zelt.
Am nächsten Tag trennten wir uns von den Amerikanern und den Briten und bildeten einen Konvoi mit den Franzosen. Besonders deren 0,6 l Franzosenkarre erregte viel Aufmerksamkeit. Überall winkten und hupten die Usbeken uns zu. Da Saschá und Valentine auch nur einen 25 l- Tank hatten, mussten wir vor dem Abzweig zum Aralsee noch unbedingt tanken. Wir fragten überall herum – kein Benzin oder nur Gas. Es war vollkommen aussichtslos. Als wir es gerade darauf ankommen lassen wollten und schon auf der Straße nach Moinaq waren, kam die ersehnte Benzintankstelle. Kurz darauf stellte sich nach kurzem Gespräch auf russisch heraus – es gibt Benzin mit 80 Oktan, aber keinen Strom. Der käme erst in ca. 30 Minuten wieder, wir sollten warten. Direkt neben der Tankstelle bereiteten wir also auf den Gaskochern noch ein kleines Mittagsmahl zu und dann konnte auch Flipper die Reserven auftanken. Nach ein bisschen Gepansche mit 98-Oktan aus Europa und der Feststellung, dass nicht überall Überlaufsperren in den Hähnen sind, hatten wir nach einer Stunde die Autos und auch etwas die Tankstelle mit Benzin volllaufen lassen. Die Preise sind dafür super günstig, für den gesamten Einkauf mit Obst, Brot, Gemüse und Eiern zahlten wir nur 2 € und die 51 l Benzin bekamen wir für 18,50 € hinterher geschmissen.
Eine Stunde später erreichten wir den Aralsee in Moinaq. Besser gesagt, wir erreichten die Stelle, an der sich 1960 einmal einer der größten Binnenseen der Welt befand. Alles begann mit der Verordnung der Sowjetunion, in Usbekistan großflächig Baumwolle anzubauen. In einem trockenen Land nicht die beste Idee. Als auch der langjährig herrschende Präsident des Landes weiterhin am Baumwollanbau festhielt, nahm die Katastrophe ihren Lauf. Heute sieht man in Moinaq nur noch einen kleinen Schiffsfriedhof in einer ewigen Wüste aus Sand. Der fehlende See hat das Klima verändert, die Sommer sind gnadenlos warm, die Winter bitterkalt. Der Staub und Sand, der verbunden mit Pestiziden in Stürmen über das karge Land fegt, macht die Leute chronisch krank. Die Kindersterblichkeit beträgt hier 10 %. Dass hier eine der verheerendsten Naturkatastrophen der Welt geschah, darauf schaut die Welt nicht so sehr. Zu klein ist das Gebiet der Betroffenen, zu wenig Auswirkung auf die gesamte Welt hatte sie.
Auf dem Weg nach Nukus in Südusbekistan fuhren wir dann allein weiter. Auch unser Auspuff dachte sich auf halber Strecke anscheinend, dass er nun gerne allein weiterreisen würde, denn er verabschiedete sich wegen poröser Muffen an den Aufhängungen. Glücklicherweise waren wir gerade in dem Moment in der Nähe einer Tankstelle, so dass wir erstens Schatten und zweitens einen sehr netten Tankwart hatten, der uns beim professionellen Fixieren mit Kabelbindern (vielen Dank an Jens- die Dinger sind Gold wert!) und Panzertape half. Wir waren gerade 15 Minuten weitergefahren, da kollabierte die Konstruktion erneut. Was tut man also? Mehr Kabelbinder, mehr Panzertape! Damit fuhren wir dann zur nächsten Werkstatt. Obwohl wir den Leuten da vermittelten, dass wir es auch selbst schaffen und nur unter das Auto müssen, ließen sie es sich trotzdem nicht nehmen, uns mit Rat und Tat zur Seite zur stehen. Am Ende nahmen sie auch nichts an außer unseren Dank für die tolle Hilfe.
Kurz vor Nukus waren wir uns noch nicht sicher, ob wir es vielleicht noch nach Khiva schaffen würden, das deutlich sehenswerter sein soll. Also nochmal ein kleines bisschen mehr aufs Gas und – Polizeikontrolle. Na super, das hatte jetzt noch gefehlt. Der Hauptpolizist, ein Kim-Yong-Un-Verschnitt, freute sich schon diebisch jetzt endlich die Touristen für 9 km/h zu viel ordentlich abfetten zu können. Für das mit einem deutschen Blitzer (ein Hoch auf die deutsche Qualitätsarbeit) hergestellte Poträtfoto wollte er ganze 100 Dollar. Polizeikontrollen erprobt machte Christian gleich mal ein riesiges Fass auf. Das ganze Register von „Aber in Deutschland ist das billiger“ bis ein Fakeanruf bei der deutschen Botschaft war alles dabei. Letztes Gebot – 20 Dollar. Damit konnten wir einigermaßen leben. Später erfuhren wir von Usbeken, dass 20 Dollar eigentlich die Strafe für 1-7 km/h zu viel ist. Im Konvoi fuhren wir dann zur nächsten Polizeistation, wo wir die 155.000 Som einzahlen sollten. Angeblich hatte da aber die Kasse schon zu. Also fuhren wir weiter in eine abgelegene Straße, wo wir gegen das Geld unseren Führerschein wiederbekamen. Angeblich wollten die netten Polizisten das Geld für uns am nächsten Tag an der Kasse abgeben. Guter Witz.
In Nukus handelte Christian noch ganze 10 % Rabatt für die Unterkunft heraus, dann brachten wir einen vollkommen unfähigen Kellner bald zum Weinen. Jegliche Gerichte, die es angeblich geben sollte, gab es nicht. Es war zum verrückt werden. Selbst die anderen Usbeken bekamen schon Mitleid mit uns und spendierten uns ein Bier. Am Ende griffen wir doch noch etwas Essbares ab und dann fiel ich wie ein Stein ins Bett, während Christian noch mit Usbeken über usbekische Verkehrsregeln und -strafen quatschte und dann einen Plan für den weiteren Verlauf der Rally machte.
Am nächsten Tag machten wir uns dann etwas langsamer auf den Weg nach Khiva (bei den Straßenverhältnissen auch teilweise nicht anders möglich). Dort wollten wir gleich 2 Nächte bleiben, um etwas abzuschalten. Ganz freundlich wurden wir im Guesthouse „Islam Khodja“ begrüßt. In den nächsten Tagen wurde uns usbekische/muslimische Gastfreundschaft vom Feinsten gezeigt. Am ersten Tag gingen wir gegen Abend nur noch etwas durch die Stadt. Die mit Lehmhäusern gebaute, und mit einer großen Stadtmauer umgegebene Altstadt mit zig verwinkelten Gassen gab, prächtigen Minaretten, Moscheen und anderen Gebäuden machte uns das erste Mal richtig klar, dass wir jetzt auf dem Weg der alten Seidenstraße sind. In Khiva ist es nicht schwer, sich vorzustellen, wie hier vor Jahrhunderten Karawanen mit Waren aus dem Okzident und dem Orient vorbeizogen. In einem Terassenrestaurant aß Christian Kebab (was sonst) und ich Shivit Oshi (grüne Nudeln mit einer Art Gulasch). Nach ein paar Bier in der untergehenden Sonne, welche die Kuppeln der Stadt in ein beinahe magisches Licht tauchten, gingen wir in die Unterkunft zurück.
Am zweiten Tag gingen wir nach einem der größten Frühstücke, die wir jemals aufgetischt bekommen haben, zur kleinen Stadtbesichtigung. Da die Stadtmauern wahrscheinlich früher mehr dazu dienten, die eigene Bevölkerung innerhalb der Mauern zu grillen, als Feinde abzuhalten, war es selbst noch früh unerträglich heiß. Und was macht man bei Hitze? Richtig! Auf das mit 56 m höchste Minarett der Stadt klettern. Bei 40 Grad brachte das oben wenigstens einen kleinen Luftzug. Als wir uns weiter zum Westtor schleppten, stellten wir fest, dass das Kombiticket für die Sehenswürdigkeiten der Stadt scheinbar um über 100 % auf 10 Euro p.P. angestiegen sind. Das mussten wir erstmal kühlen Guesthousezimmer verdauen. Erst gegen 16 Uhr machten wir uns auf den Weg, um von außen ein paar der Gebäude anzuschauen und uns zwei Deutschen, die einen Guide hatten, mal kurzerhand in ihrer Tour anzuschließen. Zufällig trafen wir dann 5 andere Mongol Rally Teams und gingen dann mit 14 Personen auf die Dachterasse ein paar Drinks und Essen einzunehmen. Nochmal bestätigte sich unsere Entscheidung, nicht über das Kaspische Meer mit der Fähre zu kommen. Die Geschichten von der Fähre von Baku-Atyrau (Aserbaidschan/Kasachstan) waren schon schlimm genug. Aber die Fähre von Baku-Turkmenbashi (Aserbaidschan/Turkmenistan) verschlug denen, die sie genommen hatten, fast die Sprache. Nach einem Tag Warten im Hafen und einem Tag Überfahrt mussten diese 70 h im turkmenischen Hafen bleiben, mit wenig Wasser und überquellenden Toiletten, so dass danach alle schwerste Magenprobleme hatten. Trotzdem wurde es noch ein echt schöner Abend, den wir dann gegen 23 Uhr verließen, da wir am nächsten Morgen früh nach Turkmenistan aufbrechen wollten. Viel hatten wir schon von den anderen Teams gehört und gelesen – dann mal auf nach Klein-Nordkorea.






























