In der Nacht an der Grenze schlief zumindest ich trotz angenehmen Bettchens schlecht. Diese ganze Verrücktmacherei über diese Grenze am gestrigen Abend setzte sich bei mir im Schlaf noch fort. Was, wenn man wirklich die Nacht über an der Grenze verbringen musste und am nächsten Morgen, wenn wir ankommen, schon 100 Autos stehen würden? Dann müssten wir vielleicht noch einen Tag dableiben, weil wir es an einem Tag Grenzöffnung von 9-18 Uhr nicht schaffen würden. So richtig beruhigen, dass das wahrscheinlich vollkommener Quatsch ist, konnte ich mich nicht. Kurz war die Nacht auch, weil wir beschlossen hatten, uns wenigstens relativ früh an der Grenze anzustellen. So starteten wir zeitig mit den Niederländern und den Vater-Sohn-Gespann aus dem Vereinigten Königreich, um die restlichen 500 m zum Grenzübergang zu fahren.
Als wir da pünktlich um 7 Uhr erschienen, standen da die Finnen und die Amis, dahinter eine russische Karre und ein britisches Familien-Mongol-Rally-Team und dahinter…niemand. Vollkommen umsonst hatten also die beiden Teams die ganze Nacht in der Kälte verbracht. Gefrorene Wasserflaschen zeigten- es war immer noch unter 0 Grad. Paul hatte in diesem Moment eine grandiose Idee. Schnell mixte er Pfannkuchenteig zusammen und fütterte der schon lange fröstelnden und der erst seit kurzen fröstelnden Mongol-Rally-Meute eine Portion Pfannkuchen, die wahrscheinlich für alle Mongol-Rally-Teams überhaupt gereicht hätte. Ich steuerte noch Apfelmus zu und die britische Familie heißen Tee, so verging das Warten bis zur Öffnung um 9 Uhr gleich viel schneller.
Um 9 Uhr tat sich erstmal gar nichts, wahrscheinlich war auch bei den Grenzbeamten gerade Frühstückszeit angesagt. Erst gegen 10 Uhr bequemten sich die Beamten, die ersten Autos einzulassen- wir waren nicht dabei. Erst nach weiteren zwei Stunden durften auch wir endlich einfahren. Abstrakterweise wollten sie jetzt bei der Ausreise, dass wir all unser Zeug aus dem Auto ausräumen und unsere Rucksäcke durch den Scanner schieben. Auch die Zollsachen dauerten ewig. Im knappen Befehlston wurde man angeherrscht, was man zu tun und zu lassen sei. Da wollte noch einmal jemand einen richtig guten Eindruck von seinem Land hinterlassen.
Halb zwei fuhren wir dann als erstes durch den extrem langen Bereich Niemandsland. Nach einem kleinen Schnack mit dem ersten mongolischen Grenzbeamten über deutschen Fußball, deutschen Biathlon, Bastian Schweinsteiger und Magdalena Neuer wurden wir auch recht schnell eingelassen. Ein Grenzbeamter kam mit einer Sprühflasche auf uns zu, sprühte zweimal auf Flipper ein. Wir fragten uns noch, was da jetzt soll, da kam er auch schon mit der Rechnung- 1000 Tögrög für „Desinfektion“. Ganz klar, wenn man aus dem keimigen Russland kommt, muss man erstmal desinfiziert werden. Wir ließen ihm einen Dollar herüberwachsen, stiegen aus dem Auto aus und mussten nun erstmal die Immigrationskarten ausfüllen, während unsere Pässe registriert wurden. Danach sollten wir in unser Auto zurückgehen und nun passierte gar nichts. Die anderen Teams kamen hinter uns an und die Grenzbeamten gingen. Ohne ein Wort. Erst die umstehenden Mongolen erklärten uns, dass wir wohl gerade in die Mittagspause gekommen wären. Die Finnen und die Amis hatten es noch zuvor geschafft. Da hatte sich die Nacht an der Grenze für sie doch noch gelohnt. Aber das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen, von 9 Uhr bis 14 Uhr haben die Grenzbeamten circa 5 Autos und 2 LKW geschafft. Eine Meisterleistung der Produktivität, da hat man sich doch das Essen verdient. Nachdem wir auch erstmal ein Süppchen gekocht hatten, ging es dann 15 Uhr wieder so langsam los. Autos wurden jedoch keine eingelassen, bzw. nur welche, welche die Grenzbeamten anscheinend gut geschmiert hatten. Jetzt wurden die wartenden Mongolen richtig erzürnt und auch wir waren langsam nicht mehr lustig. Ganz zum Ärger der Grenzbeamtin am Zaun, die scheinbar auch keine Ahnung hatte, warum ihre Kollegen 50 m weiter nicht aus dem Knick kommen und nun auch richtig losschrie. Hatte aber Erfolg, denn wenig später wurden wir und auch die anderen Teams eingelassen. Dann ging alles recht schnell. Nachdem wir ähnlich wie im Fußballsticker-Heft 4 Stempel an unterschiedlichen Stellen für was auch immer zusammen gesammelt hatten, gingen wir noch Geld tauschen. Erst bei der Ausfahrt stellte Christian fest, dass er die Banktante so verwirrt hatte, dass sie ihm für die gegebenen 50 $ mongolische Tögrög im Wert von 100 $ getauscht hatte. Na solche Geschäfte machen wir doch gern. Nachdem wir die zwielichtigen Versicherungsangestellten ganz einfach mal wieder ignoriert hatten, waren wir 16 Uhr frei und- (Reim komm raus, du bist umzingelt) in der Mongolei. Neun Stunden Grenzübergang, was ein Spaß. Doch was wäre eine Mongol Rally ohne Mongolei??
Auf dem Weg nach Ölgi stellten wir erstmal fest, dass wir uns die Mongolei irgendwie wüstiger vorgestellt hatten. Tatsächlich gab es überhaupt keinen Sand, sondern weite Ebenen und schneebedeckte Berge. Als wir fast in Ölgi ankamen, hielten wir für ein Auto am Straßenrand, das offensichtlich technische Probleme hatte. Christian lieh dem Mongolen seinen Radschlüssel, der machte irgendwas an der Schraube herum und war dann so glücklich, dass er uns gleich zu sich nach Hause einlud. Wir drei Teams hatten eigentlich den Plan, vor der Durchquerung der Mongolei noch einmal zu duschen, aber folgten ihm erstmal. In Ölgi fragten wir dann noch einmal nach, wie weit entfernt es denn sei. Er sagte: „Nur 500 m!“, und wir folgten ihm. Als er auch nach 3 km nicht stoppte und immer tiefer ins Straßengewirr herein fuhr, bekamen wir ein schlechtes Gefühl, verabschiedeten uns höflich und fuhren zum nächsten Hotel in der Innenstadt. Als wir da ankamen, stellten wir fest, dass der Typ uns gefolgt war. Er folgte uns auch ins Hotel und auf einmal stellte sich heraus, dass er uns nie hatte einladen wollen, sondern 15 Dollar für sein Guesthouse verlangte. Obwohl das ein kleines bisschen weniger war, als das Hotel, wollte nun erst recht keiner mehr mit ihm kommen. Am Ende bezweifelten wir sogar, dass die Autopanne echt gewesen war. Wir hatten nur eine weitere Bestätigung für die Theorie, dass Grenzstädte nicht selten einfach sehr seltsam sind.
Für 17 Euro wohnten wir also im besten Hotel der Stadt, was in der Mongolei außerhalb von Ulaanbataar heißt, dass man Glück haben muss, dass es nicht ganz extrem dreckig ist. Strom gibt es generell erst nach 8 Uhr und warmes Wasser damit auch. Um die Zeit zu überbrücken, gingen wir erstmal in den örtlichen „Irish Pub“. Dieser hatte mit Irland ungefähr so wenig zu tun, wie ich mit Mathematik. Egal, es gab russisches, lauwarmes Bier und das machte es für unser Grüppchen, dem sich mittlerweile noch Rebecca und Heiner aus Berlin und Leipzig angeschlossen hatten, sehr erträglich. Nach dem Essen im türkischen Restaurant, das tatsächlich türkische Speisen servierte, ging es für das Abendprogramm wieder zurück ins Hotel.
Am Morgen kam das versprochene heiße Wasser natürlich nicht aus den Leitungen. Also wurde kalt geduscht. Viel kann man nicht außerhalb von Ulaanbataar erwarten. Das hatten wir allerdings auch nicht. Bei einer Bevölkerungsdichte von 2 Einwohner pro Quadratkilometer und bei einer Größe, in die Deutschland mehr als viermal hinein passen würde, fällt die Versorgung schwer. Noch dazu ist Landwirtschaft bei ganzjähriger Trockenheit, extremen Schwankungen zwischen Sommer und Winter und auch Tag und Nacht schwierig. Das Land lebt vor allem durch Devisen und durch den Verkauf an Rohstoffen, die derzeit ohne Rücksicht auf Natur und Mensch abgebaut werden. Was die Mongolei aber genug hat, ist Natur, Weite und Tiere. Und durch die schlechte Versorgung mit Straßen hatten wir nun also genug Zeit, diese in vollen Zügen zu genießen. Kurz hinter Ölgi war es nämlich vorbei mit durchgängigen Asphalt. Während fleißig schon an neuen Straßen gearbeitet wurde, musste man selbst auf Schotterwegen neben der aalglatten Straße herfahren. Bauabschnitte sind hier scheinbar gänzlich unbekannt. Es werden entweder die gesamten tausende von Kilometer freigegeben oder gar nichts. Nur ab und zu kann man sich mal mit Schwung und kräftigen Aufsetzen auf die neue Straße mogeln, nur um dann ein paar Kilometer weiter vor einer Straßensperre mit aufgeschütteter Erde zu stehen. So richtig lohnte sich das nicht, jedoch ist man nach 20 km übelsten Feldweg auch mal wieder froh, wenigstens zwei Kilometer nicht mit Problemen wie Schlaglöcher, Sandlöcher, Schlammlöcher oder unserem besonderen Favoriten, dem „Waschbrett“, zu kämpfen. Trotz der kurzzeitigen Entspannungskuren für die Autos brach Connor und Mike unweit von Chowd die Schraube am Stoßdämpfer. Die beiden waren vollkommen entnervt, denn die Schraube auf der anderen Seite war schon so oft gebrochen, dass sich Mike in Astana einen Stoßdämpfer tätowieren ließ. Als dann auch noch ihr Fiat Panda 4×4 ständig überhitzte und zu allem Überfluss wenig später ein Reifen platzte, waren sie am Tiefpunkt. Sie baten uns, ohne sie weiterzufahren, da sie das Gefühl hatten, uns nur aufzuhalten. So mussten wir uns wieder mal von sehr lieben Menschen trennen.
Mit Avton und Paul setzten wir dann das „2 km-gute Straße, 20 km üble Straße-Spiel“ weiter fort, bis es dunkelte. Etwas abseits der Straße stellten wir unser Zelt auf, beziehungsweise, wir versuchten es. Bei eisig kalten Sandsturm war das gar nicht so einfach. Mit Heringen, herumliegenden Altmetall und Steinen befestigt, trotzte das Zelt dann nach einer gefühlten Ewigkeit doch dem Wind. Selten hatte das Zelt so lange gebraucht, um aufgestellt zu werden. Die nächste Aufgabe war: „Koche Nudeln mit Tomatensauce im Sandsturm“. Mit Windschutz, Deckeln und Benzinkocher ging aber auch das erstaunlich gut, wenn man wie ein Schießhund aufpasste, dass nicht mehr Dreck als nötig in den Topf gelangte.
Nach einem stürmischen Frühstück ging es dann am nächsten Tag weiter. Die Straßen wurden schlechter und auch die neue Straße nebenher verschwand. Interessant war, dass sowohl Google Maps als auch MapsMe eine einigermaßen groß aussehende Straße angezeigt wurde, die direkt von Ölgi nach Ulaanbataar führt. Keine Ahnung, wie die Kartenmenschen auf diese Straße kommen, sie existiert jedenfalls nicht. Was bis zum Ort Bajanchagor existiert, sind nicht eine Straße, sondern teilweise bis 50 Feldwege, die mehr oder weniger parallel in Richtung Osten verlaufen. Teilweise steht dann auf einem der 50 Feldwege, von denen 30 mit riesigen Schaf-, Pferde und Ziegenherden besetzt sind und die anderen 20 nur mit Jeeps befahrbar sind, tatsächlich ein Hauptstraßenschild. Humor haben die Mongolen. Wenn nicht schon in Derweze oder auf dem Pamir Highway Rallystimmung aufkam, dann jetzt auf jeden Fall. Wie ein Irrer heizte Christian Flipper über die Feldwege, immer auf der Suche nach dem besten Feldweg der Mongolei. Trotz dass wir ein paar Mal aufgesessen sind, unser Rücken durch diesen Abschnitt wahrscheinlich dauerhaft geschädigt wurde und der „Angstgriff“ auf meiner Seite nach diesem Tag etwas mehr in Mitleidenschaft gezogen wurde, hatte Christian das Fahren auf diesen Straßen ziemlich gut heraus. Wo ich hätte so schleichen müssen, dass wir noch heute nicht da wären, sah er bei der Geschwindigkeit erstaunlich gut jegliche Schlaglöcher. Nicht nur einmal durchbrach der markerschütternde Klang der neuen Hupe aus Kirgisistan die mongolische Stille, um die Tierherden zu vertreiben, die aufgrund ihrer dortigen Überzahl gegenüber den Menschen eine gewisse anarchistische Haltung gegenüber des wenigen Verkehrs entwickelt hatten. Als es dunkelte, schlugen wir an einer Senke an einem Fluss inmitten einer riesigen Pferdeherde unser Zelt auf. Als wir gerade bei Bratkartoffeln saßen, stieß zu unserer Vierergruppe noch Ian aus England hinzu. Der Arme hatte außer seinen Stoßdämpfern auch noch seine Beifahrerin verloren, weil diese sich lieber zu ihrem neuen Schwarm ins Auto gesetzt hatte. Tatsächlich hatten wir schon von einigen Teams gehört, dass sie wegen persönlicher und nicht wegen technischer Schwierigkeiten abgebrochen hatten. Man muss sich schon mögen oder zumindest akzeptieren, um zwei Monate in eine Sardinenbüchse eingequetscht zu sein.
Am nächsten Morgen fuhren drei Autos getrennt los, weil wir alle früh unterschiedlich aus dem Knick kamen. An diesem Tag sahen wir auch die neu gebaute Straße wieder. Wir gaben nicht auf, diese auch bei jeder Gelegenheit zu befahren, obwohl das teilweise hieß, dass es oft vor dem absperrenden Erdhaufen keine für uns zu bewältigende Abfahrten gab. Manchmal half sogar nicht einmal, sich mit großen Steinen und Schotter selbst eine Abfahrt zu bauen. Geläutert mussten wir dann die Asphaltstraße bis zur inoffiziellen Einfahrt zurück fahren und mit sehnsüchtigen Blick auf die neue Straße auf dem Holperweg daneben zu schleichen. Nach einer gefühlten Ewigkeit fing dann aber 300 km vor Ulaanbataar tatsächlich eine richtige Straße an. Eine Straße, die nicht nach 2 km später wieder endete. Wir konnten unser Glück kaum fassen. Ab jetzt würde es besser werden. Am Ende hatten wir uns sogar die Straßenverhältnisse viel schlimmer ausgemalt. Gut, dass es trocken war. So erfuhren wir später von Connor und Mike, dass ein Tag Regen am nächsten Tag die Schlammlöcher in einen reißenden Fluss verwandelt hatten. Wir haben das Video davon gesehen, wie ihr Fiat Panda förmlich im Fluss schwamm, während zu den Türen das Wasser flutartig hinein geströmt kam. Wir bezweifeln, dass Flipper dies sonderlich gemocht hätte.
Am Abend zelteten wir dann zu zweit auf einem Hügel oberhalb der Straße inmitten tausender Wüstenrennmäuse, welche den Hügel mit unzähligen Gängen untergraben hatten. Überall sah man die possierlichen Tierchen aus ihren Löchern luken, um dann mit viel Quieken im nächsten Löchlein wieder zu verschwinden. Für unsere Nudeln mit Pesto interessierten sie sich jedenfalls nicht und auch unser Zelt wurde nicht angenagt, während wir schliefen.
Die letzten paar hundert Kilometerchen bis Ulaanbataar liefen dann wie geschmiert. Gegen Mittag erreichten wir die Hauptstadt und steckten als erste Amtshandlung gleich erstmal im Stau. Was es an Verkehr in der Mongolei nicht gibt, gibt es hier geballt. Es ist, als würde diese Stadt nicht zu diesem Land gehören. Noch nie hatten wir ein Land gesehen, in dem der Unterschied zwischen den Menschen derart groß war. Während die Nomaden im Landesinneren in ihren Jurten ein Leben wie schon seit Jahrhunderten von Jahren führen, gibt es in Ulaanbataar jegliche Annehmlichkeiten, aber auch jegliche Schrecken der verwestlichten Neuzeit. Fastfood-Läden, Hipsterbars, dicke Porsche. Unter unter all diesem Glitzer die absoluten Verlierer der Gesellschaft, diejenigen, die im Winter bei -40 Grad in den Wärmeschächten der Stadt leben. Wenn man als Nomadenfamilie sein Vieh aufgrund von Dürre im Sommer oder eisigen, trockenen Wintern verliert, gibt es keine Chance zu überleben, als in die Stadt zu ziehen. Viele verfallen dem Alkohol, ein häufiges Problem in der Mongolei. Übrig bleiben die Kinder der ehemaligen Nomaden, die sich selbst überlassen um die Runden kommen müssen. Wir sind stolz darauf, für Mongol Help e.V. bis jetzt über 500 € gesammelt zu haben. Wer dieses Projekt finanziell unterstützen will, kann das natürlich auch hier weiterhin tun.
Wir arbeiteten uns nur sehr langsam durch den Stau und mussten höllisch aufpassen, dass man nicht mit den Ulaanbataarern, die scheinbar das Spur halten und das Blinker bedienen nicht beherrschen, kollidiert. Dafür beherrschen sie das Hupen meisterlich, was von uns zu deren großen Erstaunen mit unserer 1000 Dezibel-Hupe quittiert wurde. Als wir nach einigen Suchen endlich das Hostel gefunden hatten, wollten wir einfach nur noch essen und dann gar nichts mehr tun.
Am nächsten Tag regnete es wie aus Kübeln. Unser Plan, gegen Mittag Richtung Dschingis Khan-Statue etwa 50 km östlich der Hauptstadt weiterzufahren, schwamm gerade die Straße hinunter, die sich langsam aber sicher in einen Fluss verwandelte. Aber was sollte man machen, also hinunter und hinein mit Flipper. Als wir uns endlich durch das Flussnetz Ulaanbataars etwas außerhalb gekämpft hatten, gingen auf einmal Radio und Scheibenwischer aus und dafür alle Motokontrollleuchten an. Gar nicht gut. Das nächste, was ich sah, als Christian die Motorhaube öffnete, war Qualm, Qualm und noch einmal Qualm. Noch weniger gut. Nach einer kurzen Schrecksekunde wurde allerdings klar, dass so viel Wasser in den Motorraum gekommen war, dass der eh schon dauerquietschende Keilriemen einfach durchrutschte und deshalb diese Symptome erzeugte. Mit etwas unguten Gefühl steuerten wir unser Amphibienfahrzeug weiter, bis auf einmal Schaffelle auf der Straße lagen und ein Mann mit rot umwickelten Stab uns herauswinkte. Er wollte 1000 Tögrög für die Desinfektion des Autos. Ganz großes Kino. Obwohl wir ihm gerne einen Preis in der Kategorie „Dilettantischster Betrugsversuch überhaupt“ verliehen hätten, mussten wir ihm leider nur einen Vogel zeigen und weiterfahren.
Wenig später tauchte Dschingis Khan vor uns auf. Natürlich nicht der echte, sondern eine 30 m hohe Statue des ersten Großkhans der Mongolei. Diese höchste Reiterstatue der Welt verschlang 4 Mio. Dollar, macht aber nichts, denn schließlich geht es ja um Dschingis Khan. Wenn es in der Mongolei Prominente gibt, ist Dschingis definitiv A-Prominenz. Er und seine Erben erschafften im 13. Jahrhundert ein Reich vom Japanischen Meer bis zum Kaspischen Meer, bei dem selbst das Römische Reich vor Neid erblassen würde. Dschingis Khan ist überall- es gibt Pubs, Energy-Drinks und Wodkas mit seinem Namen und natürlich ist jeder Mongole, der etwas auf sich hält, direkter Nachfahre des großen Khans. Auf der Statue standen wir zusammen mit Connor und Mike, die wir da zufällig wiedertrafen, Dschingis von Angesicht zu riesigen Angesicht.
Wenig später trennten wir uns wieder, weil wir heute eine Unterkunft der anderen Art für uns geplant hatten. Nachdem wir schon an unzähligen Jurten vorbei kamen, waren wir uns in den wenigsten Fällen ganz sicher, ob die Jurten auch vermietet werden. Da bei Nomadenvölkern auch die Regel gilt, jedem, der fragt, ein Obdach zu geben, wollten wir niemanden in eine unangenehme Situation bringen oder gar aus seiner eigenen Jurte verjagen. Im Gorki Terelj-Nationalpark stehen Jurten zur Vermietung, von denen wir eine belegten. Am Abend zeigte uns eine der mongolischen Frauen, wie man sich so in langen Wintern die Zeit in der Jurte vertreibt. Wer hätte gedacht, dass man mit Knöchelknochen von Schafen derart vielzählige und unterhaltsame Spiele spielen kann? Am Morgen wollten wir gar nicht mehr ausziehen, so kuschlig war es in der kleinen Jurte, den kleinen Bettchen und einer noch kleineren Tür und dem Holzofen in der Mitte. In der Bergwelt des Nationalparks fühlte man sich ein bisschen wie bei einer mongolischen Version von Heidi.
Am Morgen gingen wir noch etwas zum „Turtle Rock“ wandern und fuhren dann nach Ulaanbataar zurück. Hier besuchten wir noch das Nationalmuseum, welches die Geschichte der Mongolei von den frühesten Spuren, über die kommunistische Herrschaft bis in die Neuzeit darstellt. Nicht allzu spät gingen wir dann ins Bett, schließlich sollte am nächsten Morgen die nun wirklich allerletzte Grenze der Mongol Rally anstehen. Russland, wir kommen- zum dritten Mal!
































Sehr lustig geschrieben Lesegenuss für Trittbrettabenteurer, Danke!
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Super schüne Bilder, ich mag eure Leichtigkeit und den Humor in den Bildern!
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