Nach der langen Zeit in Vietnam sollte es für uns jetzt in unser zweites südostasiatisches Land gehen. In Deutschland waren wir mit der Idee gestartet, für etwa zwei Monate in allen südostasiatischen Ländern zu sein. Als wir nach Bangkok flogen, hatte sich dieser Plan schon geändert, denn wir hatten gleich am Stück Flüge gebucht. Für Bangkok, Laos und Kambodscha blieben uns daher mit bewusster Entscheidung nur 19 Tage. Warum nur so wenig, bei so vielen, schönen Ländern, werdet ihr euch fragen? Der Grund dafür war ganz einfach das Klientel, was in diesen Ländern nur allzu oft anzutreffen ist. Um die 20 Jahre, kurz nach dem Abschluss, will der typisch südostasiatische Backpacker die Welt entdecken oder sich oder was auch immer und endet leider oft damit, sich null an Kultur oder Menschen des jeweiligen Landes zu interessieren, sondern nur an deren Party, günstigen Alkohol und leicht verfügbaren Drogen. Das klingt vernichtend und ist sicherlich nicht immer so der Fall, aber wenn man ein paar Mal schon in Vietnam solche qualifizierten Weisheiten wie: „Hat dieser Ho-Chi-Minh sich eigentlich nach der Stadt Ho-Chi-Minh-City benannt?“ gehört hat, dann schämt man sich einfach nur noch fremd. Das meiste von Südostasien ist touristisch leider schon so erschlossen, dass es für uns nicht mehr so viel Anreiz hat. Noch sind wir jung und können uns das genaue Erkunden von so gut erschlossenen Orten wie Südostasien auch für später aufheben. Um einen kleinen Eindruck zu gewinnen und unsere Neugier zu befriedigen, wollten wir trotzdem einmal einen kurzen Blick in die Länder werfen.
So setzten wir am 03.12.2018 in Bangkok auf. Hier hatten wir uns nur die Hauptstadt vorgenommen. Da Thailand an sich schon noch einmal knapp 30 % größer als Deutschland ist und die Hauptstadt mit 8,3 Mio. Einwohner Berlins poplige 3,5 Mio. Einwohner alt aussehen lässt, war angesichts der Zeit hier schon genug zu entdecken. Am ersten Abend nach Ankunft entdeckten wir gleich, was die Thais unter „a little bit spicy“ verstehen. Der „Som Tham“, ein Salat aus unreifen Papaya oder Mango, der in einem Mörser mit getrockneten Shrimps, Tomate, Limette, Fischsauce und vor allem frischer Chili zubereitet wird, war so scharf, dass er fast körperliche Schmerzen bereitete. Blöd nur, wenn das Essen gleichzeitig auch so lecker ist, dass man einfach nicht mehr aufhören kann, sich dieses höllisch scharfe Zeug in Massen in den Schlund zu stecken.
Am nächsten Tag erfuhren wir dann auch, was die Thais unter ihrem „kältesten Monat im Jahr“ verstehen. Trotz nicht allzu viel Luftfeuchtigkeit war es so heiß, dass jeder Schritt zur Tortur wurde. In der riesigen Stadt staut sich die Wärme und die tausende von Autos und Mopeds machen es natürlich auch nicht besser. Von letzteren waren wir jedoch mehr als überrascht. Nach Unfallstatistik rangiert Thailand noch vor Vietnam, was wir uns angesichts der vielen Motorradfahrer mit Integralhelm und rücksichtsvollen Autofahrer in Thailand so gar nicht vorstellen konnten. Wir nahmen trotzdem lieber die öffentlichen Verkehrsmittel, die uns mit ein bisschen Nachfragen beim Umsteigen sicher und effektiv bis zur Haltestelle „Saphan Taksin“ brachten. Von dort aus fahren Fähren den Chao Phraya-Fluss entlang und ergänzen so das Netz der öffentlichen Verkehrsmittel. Mit 30 Baht (80 Cent) für zwei Personen ist die Fähre auch ein sehr günstiges Verkehrsmittel, wenn man sich nicht gerade von den Touristenbooten anquatschen und erzählen lässt, es gibt nur deren Boote, welche für die gleiche Leistung für 12 Euro verlangen. Auch in Thailand hat man schon längst erkannt, dass sich mit dem ahnungslosen Touristen viel Geld machen lässt und man kann dadurch trotz der sehr höflichen und respektvollen Art der Thailänder nicht überall mit lupenreiner Ehrlichkeit rechnen. So tuckerten wir über den Fluss und stiegen am „Grand Palace“ aus.

Schon von weiten glänzten die goldbedeckten Dächer der Tempel uns entgegen. Ich wähnte mich schon nach dem Kauf des Tickets im Inneren der Mauern, welche die Tempelanlage umgeben, da wurde ich von einem Security zurückgepfiffen, da ich seiner Meinung nach nicht genug verhüllt war. Ich staunte nicht schlecht, denn schließlich waren wir spätestens nach dem Iran Meister der Verschleierung. Überhaupt nicht einsichtig, warum ein großes, nicht durchsichtiges Tuch um die Schultern nicht ebenso gut wie ein normales T-Shirt ist, versuchte ich mich noch einmal inmitten einer chinesischen Reisegruppe durch den Eingang zu mogeln. Aufgrund meiner überwältigenden Körpergröße (und ich möchte nicht korrigiert werden, dass der Grund sicherlich ein anderer war :D) stach ich natürlich voll heraus und machte mich lieber aus dem Staub ein neues T-Shirt für 2 Euro zu kaufen, anstatt den Gorilla am Eingang noch mehr zum Eskalieren zu bringen. Endlich konnten wir uns nun mittlerweile schon vollkommen in Schweiß aufgelöst auf dem Weg ins Innere machen. Überwältigt vom Gold, dass wahrscheinlich gereicht hätte, um allen Einwohnern Thailands neue Zahnfüllungen zu verpassen, vegetierten wir im Schatten der Tempelanlage, welche bis 1932 Sitz der thailändischen Königsfamilie gewesen war, vor uns hin. Sehr interessant waren auch die Wandbemalungen, die detailreich, einem Wimmelbild gleich, Szenen aus dem Leben des Ramakian, einem mythischen Nationalheiligen, darstellten.



Doch nicht die goldenen Tempel und nicht die Fresken, sondern etwas anderes ist die Hauptattraktion des „Grand Palace“. Eine nur 66 Zentimeter große Buddhastatue aus Jade (Bild hier), welche in einem der Tempel hoch oben über allen thront, ist das Nonplusultra für jeden gläubigen Buddhisten. Trotz etlichen Bemühen versetzte uns die Hitze gemischt mit umwerfenden Käsefußgeruch jedoch mehr in einen meditativ-religiösen Zustand als der Buddha selbst.

Wieder aus dem Tempel heraus verstanden wir es bei einem Eiskaffee mehr als gut, warum der Opi am Nachbartisch des Cafés einfach mal galant wegnickte. Es war einfach viel zu heiß. Doch als gute Touristen verließen wir todesmutig das klimatisierte Etablissement. Vielleicht hatten wir schon einen Hitzschlag, aber es kam uns nun circa um 3 Uhr nachmittags schon etwas kühler vor. Im Wat Pho gab es netterweise zum Eintritt eine Flasche Wasser. Ein bisschen Strecke machen muss man nämlich schon, um eine der Hauptattraktionen des Tempels abzulaufen. Eine 46 m lange Buddhastatue liegt dort herum. Mit Gold beschichtet und mit Edelsteinen an den Füßen, deren Schuhgröße ich mal über den Daumen auf 390 ein halb schätzen würden, nimmt sie den gesamten Raum vollständig ein. Es wird geklotzt, nicht gekleckert.



Nun traf es sich gut, dass unsere Nacken vom vielen Hochgucken auf Buddhas, Fresken und Tempeldächer total verspannt waren. Schließlich war dieser Tempel gleichzeitig auch das Geburtszentrum der Thaimassage. Verschrien durch den Sextourismus hat die traditionelle Thaimassage natürlich nichts mit „with Happy-End??“ zu tun, sondern besteht aus Jahrhunderte alten Techniken, die Menschen von ihren körperlichen, vor allem muskulären Beschwerden befreien sollen. Doch wie jede wirksame Massage besteht das Prinzip der Thaimassage wohl auch aus „Schmerz heilen durch noch mehr Schmerz“. Vollkommen unklar, woher die meist kleinen, sehr zierlichen Frauen ihre Kräfte hernehmen, musste man sich manchmal schon zusammenreißen, um nicht loszuschreien oder sich ernsthaft Sorgen zu machen, ob man nach diesem oder jenem Knacken nicht einen dauerhaften körperlichen Schaden davon trägt. Auch vollkommen unklar, wie etwas derartig schmerzhaft und gleichzeitig derartig wohltuend sein kann.

Abends gingen wir noch zur Khao San Road, wo wir uns erhofften, mit netten Leuten ein-zwei Bierchen zu trinken. Vielleicht lag es am Ort oder an der Uhrzeit, jedenfalls war weniger los, als wir dachten. Das Angebot für eine Ping-Pong-Show großzügig aus Gründen des Nichtunterstützenwollens menschlicher Ausbeutung ablehnend (informiert euch bitte selbst, was das ist) blieb es dann nur bei einem Curry und nem Bier, bevor es wieder ins Hostel ging.

Am nächsten Tag kamen wir jedenfalls ohne Krücken oder sonstige Hilfsmittel aus dem Bett, hatten aber angesichts der immer noch thermonuklearen Temperaturen draußen wenig Lust zur Bewegung unter diesem gelben, ultraheißen Ding am Himmel. Nur zu gut, dass auch riesige, gut klimatisierte Einkaufszentren mehr oder weniger zu den Sehenswürdigkeiten Südostasiens gehören. Auch nach 3 Stunden in der sogenannten „MBK-Mall“ mit über 2000 Geschäften hatten wir zwar gegessen, uns abgekühlt und ein paar der noch nötigen Dinge gefunden, aber nicht im geringsten einen Überblick über dieses kleine Universum des Kapitalismus gewonnen.


Die Zeit bis zu kühleren Temperaturen hatten wir jedenfalls gut überbrückt und so fuhren wir in ein anderes kleines Universum Bangkoks. In Chinatown wechselte die thailändische Schrift zur chinesischen, buddhistische Tempel wurden zu daoistischen Tempeln, überall blinkten Neonreklamen und ließen uns wieder ein bisschen wie in Hong Kong fühlen. Vor allem die unzähligen Essensstände, an denen es kleine süße oder herzhafte Snacks oder auch ganze Festmahle gibt, sind beeindruckend, machen aber auch nachdenklich. Die Fisch- und Meeresfischstände biegen sich vor der Menge an Meeresgetier, welches auf sie geladen wurde. Unmöglich, derartige Portionen an einem Tag zu verkaufen. Wenn man bedenkt, wie alt ein Hummer werden muss, bis er in dieser Größe dort für circa 60 Euro verkauft oder beziehungsweise dem Müll zugeführt wird, macht einen das ziemlich traurig. Wir fuhren an diesem letzten Tag mit dem Bus, in dem wir zwar außer der Nummer nichts lesen oder verstehen konnten, aber uns dank der praktischen und kostenlosen App „Moovit“ (Link hier ) dennoch zurecht fanden und genossen ein letztes Mal eine wohltuende Thaimassage. So lässt es sich leben…
Fazit Thailand/Bangkok: Das Fazit ist schwierig, denn schließlich waren wir nur sehr kurz in der Hauptstadt und konnten uns nur einen kleinen Einblick verschaffen. Thailand verfügt über eine bemerkenswerte, uns jedoch kaum bekannte Geschichte, die wir heute vor allem an der Architektur bewundern können. Sicher ist auch in Thailand im wahrsten Sinne des Wortes nicht alles Gold was glänzt. Der durchschnittliche All-Inclusive-Reisende an den Traumstränden denkt wahrscheinlich nicht darüber nach, dass Thailand ein durchschnittliches Jahreseinkommen von etwas mehr als 5000 Euro pro Kof aufweist, eine hohe Korruptionsrate besitzt und spätestens seit dem Miltärputsch 2014 auch hier Menschenrechte mit den Füßen getreten werden. Wie in jedem Land auf der Welt gibt es Licht und Schatten und man sollte sich hüten, von „guten“ und „schlechten“ Ländern zu sprechen. Auch in Thailand gibt es sicher mehr als die üblichen Klischees und die Stadt Bangkok zu entdecken, nur sind die meisten Plätze in diesem Land relativ sicher kein Geheimtipp mehr.
Eeendlich wieder ein Lebenszeichen und ein überaus interessanter Bericht der mich so „vereinnahmte“ dass ich in der Straßenbahn im kalten Berlin auch gleich ins Schwitzen kam. Wünsche weiter eine schöne, interessante Zeit und bin schon sehr gespannt auf den nächsten Bericht (der hoffentlich nicht so lange auf sich warten lässt).
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