Am nächsten Tag gingen wir früh Brot und ein paar Vorräte kaufen und dann ging es ab in die Berge. Es stand die Besteigung des Kuh-e-Alvand/ Mount Alvand mit 3574 m Höhe an. Mit dem Taxi ließen wir uns zum Fuß des Berges bringen, an dem sich auch Keilschrifttafeln aus dem 5. Jahrhundert vor Chr. in erstaunlich guten Zustand befinden.
Etwas verwirrt suchten wir dort einen Einstieg in einen Wanderweg und wurden von einem Opi einfach Richtung oben verwiesen. Einfach Richtung oben war über riesige Felsblöcke und rutschige Geröllfelder, die wir natürlich wie die Rehe mit Leichtigkeit überwanden.
Menschen außer uns sahen wir keine. Wir wunderten uns schon ein bisschen. Denn wenn man in einem Land lebt, in dem jeder und alles kontrolliert wird, könnte man doch in der Natur den Freiraum finden, den man braucht. Aber wahrscheinlich steht schon allein irgendwo hingehen, speziell wenn dies zwischen unverheirateten Männlein und Weiblein geschieht, unter schweren Tatverdacht.
Immer auf der Suche nach so etwas wie einem Weg arbeiteten wir uns weiter Richtung erstem Hochplateau, wo die Seilbahn ankommt. Die Seilbahn sahen wir jedoch an diesem Tag kein einziges Mal, was wohl daran lag, dass enormer Wind über den Berg fegte. In einem einigermaßen windgeschützten Winkel an der Seilbahn verspeisten wir dann unsere Vorräte an Gurke, Brot, Granatapfel, Aufstrich und iranischer Nutella. Trotz mehrerer Schichten Kleidung wurde es nun richtig kalt, weil der Wind immer mehr zunahm. Christian wendete ein, dass wir angesichts nicht zum Gipfel gehen sollte. Obwohl ich anfangs stark dagegen protestierte (wir waren ja nicht gekommen, um den Berg zu einem 2/3 zu besteigen), sah ich auf den ersten Metern Rückweg ein, dass er ganz Recht gehabt hatte. Der Wind war so stark, dass ich mich kaum auf den Beinen halten konnte.
Da war es tatsächlich sehr, sehr praktisch, dass wir auf dem Rückweg einen richtigen Weg fanden, auf dem wir mehr ins Tal flogen, als wir liefen.
Erst auf den letzten Metern des Rückwegs fiel Christian ein, dass ja heute unser Jahrestag war. Das hatten wir bei all den vielen Erlebnissen bald vergessen. Nach einem superromantischen Kurzaufenthalt am Wasserfall am Fuße des Berges, schnackten wir noch kurz mit einer kleinen Familie aus der Schweiz, die mit einem uralten Bus da waren. Die Deutschen mögen ja die sein, die im Urlaub am meisten Geld ausgeben, aber die abenteuerlustigsten sind nach unseren Erfahrungen eher die Schweizer. Der Mann mit Dreads und seine Frau hatten noch einen kleinen Nachzögling dabei, mit dem sie mit dem Bus von der Schweiz nach Südafrika fahren wollte. Der Junge wurde kurzerhand für das Jahr elternbeschult, so einen richtigen Plan zur Überfahrt nach Afrika gab es auch nicht, aber etwas planlos geht halt auch.
Auf der Rückfahrt teilten wir uns ein Taxi mit zwei iranischen Frauen, die rechts und links neben mir auf der Rückfahrt saßen. Ziemlich schnell bekam die eine mit, dass ich ziemlich durchgefroren war und begann, wie eine gute Mutti, meine Hände mit ihren zu wärmen. Wirklich rührend!
In der Stadt gab es erstmal einen warmen Kakao und Kaffee zum Aufwärmen. Danach wollten wir auf den Jahrestag etwas essen gehen. Leider war noch nicht offiziell geöffnet. Wir fragten, ob wir uns schon einmal hinsetzen könnten. Ein älterer Mann stimmte zu und geleitete uns dahin, wo wir uns hinsetzen könnten. Auf einmal standen wir wieder auf der Straße. Etwas verwirrt warteten wir eben davor, bis ein anderer älterer Mann kam, der wahrscheinlich mit dem Besitzer redete, dass man doch seine Gäste nicht auf der Straße sitzen lässt.
Nach Safrantee, eingelegten Oliven und Lammkebab genossen wir noch etwas die Atmosphäre in dem zum Restaurant umgestalteten ehemaligen Hamman und gingen dann nach Hause.





